- 47 -Kautny, Oliver (Hrsg.): Arvo Pärt - Rezeption und Wirkung seiner Musik 
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Peter W. Schatt

Assimilation und Widerstand. Musikpädagogische Perspektiven zum Werk Arvo Pärts

1  Methodologische Vorüberlegungen

Wer sich mit der Musik eines Komponisten befaßt, setzt sich unweigerlich einem Prozeß wechselseitiger Erschließung aus: Wie die suchende oder fragende Auseinandersetzung die Gegebenheit der Musik dem Zugang öffnet, so öffnet die Musik den Weg und die Weise des Suchens und Fragens. So ergeben sich zwei Aspekte aus dem Vorhaben, musikpädagogische Perspektiven zum Werk Arvo Pärts zu entfalten: Zum einen gerät das Werk unter der Prämisse der Perspektive, zum anderen aber auch die Perspektive unter der Prämisse des Werks in den Blick. Beide Aspekte werden aufgrund ihrer dialektischen Beziehung im besonderen Falle Pärts durch eine Eigenart seines Schaffens problematisch, stellt es sich doch nicht ohne weiteres in jenem Sinne von Einheit der Musik in sich, aber auch von Einheit zwischen Person und Musik dar, welche die Formulierung Pärts Musik nahelegt.

Eine Perspektive entsteht durch eine bestimmte Haltung; die musikpädagogische wird durch eine Interessenlage und eine daraus resultierende Fragestellung begründet, die auf den Aspekt der Vermittlung gerichtet ist, und zwar in doppelter Hinsicht.

Eine erste Hinsicht ist in die Frage zu fassen, als was das Werk selbst sich vermittelt und durch welche Eigenarten dies möglich wird. Da Vermittlung ein kommunikativer Vorgang ist, kommen von hier Aspekte der Höreinstellung und ihres Rückhalts nicht nur in der Disposition des Hörenden, sondern auch in der musikalischen Erscheinung zum Tragen. Zu fragen ist, welche Art der Realisierung des ästhetischen Objekts in der Wahrnehmung durch das Objekt begünstigt wird.

Nun bestehen bekanntlich erhebliche Differenzen hinsichtlich der Ergebnisse hörenden Verstehens von Musik. Daraus resultiert die zweite Hinsicht. Es dürfte allgemeiner Konsens sein, daß praktische Musikpädagogik das Ziel hat, die Fähigkeiten von Menschen, mit Musik umzugehen, zu fördern. Allerdings werden die Fragen nach dem Inhalt dieser Förderung und dessen Begründbarkeit unterschiedlich beantwortet. Selbst wenn man unterstellt, daß keine Legitimationsargumentation letztlich von einer als idealtypisch angenommenen Gegenstandsqualität des ästhetischen Etwas abstrahieren kann, erscheint Musik in ihrer Handlungs- und Erziehungsbedeutsamkeit immer im Horizont dessen, was Hermann J. Kaiser ihre "historisch-gesellschaftlich gewachsene und geformte Tatsächlichkeit"(Kaiser 1998, 108) nannte. In dem Maße, wie in diesem Sinne Inhalt, Sinn und Bedeutung musikpädagogischer Intentionalität diskursiv werden, geraten mit dem besonderen Phänomen des Werks zugleich dessen allgemein-ästhetischer, kultureller und anthropologischer Horizont in Verbindung mit den entsprechenden Horizonten der Hörer in den Blick. All diese Momente versammeln sich im Brennpunkt des


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