den Versuch, von einem lokalen Beispiel ausgehend (Grimma)
allgemeine Entwicklungsstränge aufzuzeigen, die zum Sinfonieorchester des 19. Jahrhunderts geführt
haben.22
Hier werden Kriterien des Berufsmusikertums und des Laienmusizierens erörtert und in einen
musikalischen, sozialen und kulturpolitischen Kontext gestellt. Der historische Aspekt der
musikalischen Erwachsenenbildung wird in den genannten Arbeiten nicht explizit
thematisiert.23
23 Allein die Studie von GEORG SOWA zu den Anfängen institutioneller Musikerziehung
stellt den außerschulischen Durchbruch bürgerlichen Bildungsanspruchs auf
musikalischem Sektor dar.
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2.2.2. Erwachsenenbildung
In der Weimarer Republik wurden Bildungsangebote für Erwachsene an Volkshochschulen
und Abendgymnasien erstmals von der öffentlichen Hand finanziell und politisch
unterstützt.24
24 SIEBERT 1994, S. 631. HORST DRÄGER hat nachgewiesen, daß die Erwachsenenbildung
in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bewußt auf eine Historiographie verzichtet hat.
Verbunden mit Kritik an modernen Theorien der Erwachsenenbildung, »die
glaubten annehmen zu dürfen, daß sie infolge der Praxisirrelevanz der entwickelten
Geschichtsschreibung auf Historie verzichten können«, womit sie aber nur zu erkennen
gaben, »daß sie die wissenschaftstheoretische Funktion der Historie nicht begriffen
hatten«, werden hier historiographisch die einzelnen Theorien gewürdigt und
bibliographisch aufbereitet. (DRÄGER 1984, S. 77.) DRÄGER 1979 bietet jedoch eine
umfassende Darstellung der Volksbildung in Deutschland im 19. Jahrhundert. Die
gescheiterte Revolution von 1848 brachte der Erwachsenenbildung für rund zehn Jahre
Rückschläge und Repressalien, erst ab 1860 verstärkten sich die Aktivitäten in
Form bürgerlicher Bildungsvereine für die Erwachsenen erneut. Bürgertum,
Kirchen und Arbeiterschaft entwickelten eine Fülle von Ansätzen der allgemeinen
Erwachsenenbildung mit steter »Anpassung an die Erfordernisse der Lebenspraxis«,
meist gestützt auf private Initiative und ohne reglementierendes Eingreifen des
Staates, der von der Vorstellung einer »Bildung auf Vorrat« ausging, die im
Kindes- und Jugendalter zu erfolgen hätte (MATTL, S. 528; SIEBERT 1994, S.
630.)
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Im Vordergrund stand jedoch die berufliche Qualifikation. Erst nach 1945 wurde der
Begriff der ›Volksbildung‹ durch den vor allem in der Pädagogik verwendeten
Begriff ›Erwachsenenbildung‹ oder durch die vorwiegend in der Bildungspolitik
vertretene Terminologie ›Weiterbildung‹ ersetzt. In den folgenden Jahren
veränderte sich das politische Bildungsverständnis, und die Forderung nach
›lebenslangem Lernen‹ (›lifelong learning‹), bzw. ›éducation permanente‹ (›recurrent
education‹)25
25 Vgl. BÖHM, S. 186 und 448f.; LENZEN/ROST 1989, S. 32f.; ECKART-BÄCKER 1993,
S. 37ff.
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begann sich durchzusetzen. Ausgehend von UNESCO und Europarat wurde 1960
eine staatliche Unterstützung der Erwachsenenbildung (im Gutachten des
›Deutschen Ausschusses für das Erziehungs- und Bildungswesen‹) gefordert
und im ›Strukturplan für das Bildungswesen des Deutschen Bildungsrates‹
197026
26 1970 wurde das ›Internationale Jahr der Erziehung‹ proklamiert.
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durch Etablierung des
›quartären Bildungbereiches‹27
27 Neben Primar- und Sekundarstufe der Allgemeinbildenden Schulen und dem
Hochschulbereich; MATTL, S. 529.
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festgeschrieben. Die Erwachsenen- oder Weiterbildung blieb jedoch nicht
auf berufliche Qualifikation beschränkt. Sie »überschneidet sich mit der
Familienbildung, der Sozialpädagogik, der Freizeitpädagogik und der
Berufspädagogik.«28
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