»andere
Leistungsbild« bleibt dagegen unklar. Festzuhalten bleibt ferner, daß hier Ansätze einer
inhaltlichen Diskussion mit Orchesterteilnehmern, nicht mit den Dirigenten (!), über das
Gehörte stattfindet und unterschiedliche Sichtweisen von Fach- und Laienjuroren
berücksichtigt werden. Konsens aller am DOW Beteiligten habe, so KINDT, in folgenden
Punkten bestanden: Der Wettbewerbsgedanke und der leistungsbezogene Ehrgeiz schafft
eine projektbezogene Motivation des Einzelnen wie des gesamten Ensembles, die sich
bereits vor dem Wettbewerb in erhöhter Probenintensität niederschlägt. Vergleich und
Bewertung durch eine Jury, öffentliche Presse- und Publikumsstimmen ermöglichen
somit Reflexion über die eigene Arbeit nicht nur durch den Dirigenten, sondern
durch alle Orchestermitglieder. Auch wenn die Stipendienvergabe (Einladung zur
Fortbildung) an Dirigenten dem Zweck der ›Beratung‹ zuzuordnen ist, bleibt
die Frage offen, warum nicht alle, sondern nur »gerade diejenigen [Dirigenten]
angesprochen werden, bei denen man das Gefühl hat, da könnte noch mehr bei
rauskommen«.46
An die Mitwirkenden und alle außenstehenden Interessenten richtet sich die jeweilige
Ton- und Textdokumentation der bisher stattgefundenen Wettbewerbe. Eine
vergleichende Höranalyse der auf Schallplatte oder CD dokumentierten Mitschnitte
offenbart einen Qualitätslevel der genannten Wertungskriterien (Interpretation,
Intonation, Stilsicherheit, Zusammenspiel, technische Gesamtleistung), der fließende
Übergänge zu Konzerten reiner Berufsorchester und einer Reihe von Einspielungen auf
Tonträgern dokumentiert, die kommerziell vertrieben werden, so daß sich die
Trennung in die Kategorien Laien- und Berufsorchester punktuell aufzulösen
beginnt.47
47 DEUTSCHER MUSIKRAT, 1. Deutscher Deutscher Laienorchesterwettbewerb
Würzburg 7.–10. 5. 1986, 4 Schallplatten; 3. Deutscher Orchesterwettbewerb Goslar
27.–31. 5. 1992, vier CDs eine Aufnahme des Norddeutschen Rundfunks 1992; 4.
Deutscher Orchesterwettbewerb Gera 12.–19. 5. 1996, vier CDs, eine Aufnahme des
Mitteldeutschen Rundfunks 1996.
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Dennoch gibt es neben Fotodokumenten, die ausgelassene Fröhlichkeit und
Musizierfreude auch außerhalb des Wertungsspiels zeigen, und der Tatsache, daß mehrere
Orchester wiederholt an den drei Veranstaltungen 1986, 1992 und 1996 teilgenommen
haben, somit also offensichtlich positive Erfahrungen gemacht haben, gerade auch aus der
BDLO-Spitze kritische Reaktionen.
»BDLO-Orchester sind kaum dabei. Beim ersten Wettbewerb ist ein typisches
Orchester im Kammerorchesterbereich von uns dabeigewesen, und das ist dann
auch hintenrunter gefallen, weil die Konkurrenz gerade bei Kammerorchestern
groß ist. Im Grunde genommen hat sich bestätigt, daß das der falsche Weg
ist. Für uns bringt das überhaupt nichts. Unsere Orchester können nicht als
geschlossener Block 3–4 Tage in eine andere Stadt fahren, weil die Leute alle
im Beruf sind. Das kann man mit Jugend- oder Schulorchestern machen, auch
Studenten können sich das so einrichten. Insofern bringt das Konzept für den
Chor- und Orchesterwettbewerb des Deutschen Musikrates nichts für eine
Verbreitung der Musik in der Gesellschaft. Das fördert wirklich nur elitäres
Musizieren ausgesuchter Ensembles, die ja z.T. nur zu diesem Zweck gegründet
wurden. Treibende Kraft sind in dem Fall auch wieder die Sänger gewesen,
und speziell die Gruppierungen, die halbprofessionell sind, die dann ihre CDs
machen.«48
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