4. Das Repertoire der BDLO-Mitgliedsorchester (1952–1997)
Im folgenden soll anhand des Quellenmaterials des BDLO untersucht werden, welche
Orchesterliteratur das Repertoire der Laienorchester umfaßt und welche Aufschlüsse eine
Analyse desselben in bezug auf das Selbstverständnis und die künstlerischen
Entwicklungen der Laienorchesterarbeit geben kann. Tendenzen der bevorzugten
Beschäftigung mit bestimmten Komponisten, einzelnen Werk-Gattungen, ja selbst
mit offensichtlich ›beliebten‹Werken, werden statistisch erkennbar. Es läßt sich
eine Art ›Hit-Liste‹ innerhalb der ausgezählten Kategorien ermitteln, so daß
auffallend häufig gespielte Werke explizit benannt werden können. Weiterhin kann
festgestellt werden, ob sich das Repertoire im Laufe der Jahre erweitert oder verengt
hat, oder ob sich Schwerpunkte verschoben haben. Es wird eine exemplarische
Überprüfung möglich, ob gezielte Werkempfehlungen des BDLO im Laufe der
Jahre in der Praxis ihre Umsetzung gefunden haben bzw. noch finden und als
orchesterpädagogischer Beitrag gelten können. Ausgangspunkt der statistischen
Analyse ist die These der BDLO-Führung von 1922, der Gründungszeit des
Dachverbandes, »die Klassiker Haydn, Mozart, der frühe Beethoven usw. bilden das
Rückgrat der Programme [. . .], dies darf doch nicht zum nahezu gänzlichen
Ausschluß aller modernen, namentlich zeitgenössischen Musik führen [. . .] Gerade die
Bekanntschaft mit dem modernen Schaffen, mit der musikalischen Sprache unserer
neuzeitlichen Tonsetzer müßte künftig eine der Hauptaufgaben der Orchestervereine
sein. Diese wohl von allen Orchestervereinen an sich anerkannte Notwendigkeit
würde erleichtert durch einen Programmaustausch und eventuell durch eine
Zentralstelle, welche die Neuigkeiten auf ihre Verwendbarkeit in unseren Vereinen hin
prüft«.1
Die Beschäftigung mit Neuer Musik wurde in zahlreichen Beiträgen im DLO bis zum
Ende des Betrachtungszeitraums 1997 immer wieder als Zielsetzung der Laienorchester
formuliert. Kriterien der Hörgewohnheiten, der spieltechnischen Flexibilität und
Ausführbarkeit sowie die Zusammenarbeit mit Komponisten standen dabei im Zentrum
der Ausführungen. Die Komponisten selbst sahen die Kooperation kritisch und erlebten
eher methodisch-didaktische Konflikte zwischen ihrer Komposition und den
Ausführenden.2
2 Z.B.: MOHLER, in DLO 1953, Heft 1 und 1965, Heft 2; SCHÄFER, in DLO 1968, Heft
1/2; HILKENBACH, in DLO 1973, Heft 1; ERDMANN H. W., in DLO 1976, Heft 2;
ERDMANN, D., in DLO 1990, Heft 1 und 1992, Heft 1; De la MOTTE, in DLO 1980, Heft
1 und 1985, Heft 2.
|
Bei der Auswertung der statistischen Ergebnisse wird daher dem tatsächlichen
Anteil der Musik des 20. Jahrhunderts besondere Aufmerksamkeit gewidmet.
Punktuelle Anmerkungen in bezug auf die Anforderungen an Spieltechnik und
musikalische Gestaltung zu einigen dieser ›Spitzenreiter‹ ergänzen das empirische
Ergebnis.
|