- 102 -Kietz, Nicola: Musikverstehen und Sprachverstehen 
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(6) Verstehen kann - aus der Perspektive des Hörers - auch definiert werden als die Gesamtheit der mentalen Strukturen und Prozesse, auf denen sprachliche und musikalische Wahrnehmungsfähigkeiten beruhen. Verstehen von etwas als etwas bedeutet also die Aktivierung bereits vorhandener mentaler Repräsentationen von Sprache bzw. Musik.

(7) Ausgehend vom interdisziplinären Vorgehen der Kognitionswissenschaft lassen sich in neuronaler und mentaler Hinsicht Parallelen in Sprach- und Musikverarbeitung aufzeigen.

(a) Weder die Verarbeitung von Sprache noch die von Musik findet in einer Hemisphäre statt. Da die Gehirnhälften funktionale Spezialisierung aufweisen, kann festgehalten daß beide Verstehensvorgänge zum einen ganzheitlich-synthetische und zum anderen analytisch-sequentielle Strategien beinhalten.

(b) Musik und Sprache sind - entwicklungspsychologisch gesehen - in gleicher Weise Reifungsprozesse, die teilweise ähnlich verlaufen und bis zu einem gewissen Grad sogar eng miteinander verzahnt sind.

(c) Weitere Parallelen bestehen in allgemein-psychologischer Hinsicht;

(c1) Die Wahrnehmung von sprachlichen und musikalischen Reizen wird auf niedrigem Verarbeitungsniveau von sogenannten Kategorisierungsprozessen geleitet, d.h. die eintreffenden akustischen Reize werden an mental gespeicherten Bezugsgrößen (Lautklassen bzw. Klassen für Tonhöhen und Akkorde) gemessen und entsprechend zugeordnet.

(c2) Aufgrund zahlreicher experimenteller Ergebnisse müssen auf auf höherem Verarbeitungsniveau größere Bezugssysteme (Schemata) existieren, so daß man Sprach- und Musikverstehen gleichermaßen als erfahrungsgeleitete Problemlösungsvorgänge bezeichnen kann.

(8) Detailliertere Vergleiche sprachlicher und musikalischer Schemata liegen bislang erst aus dem Bereich des syntaktischen Wissens vor. Der dabei benutzte Ansatz, (psycho-)linguistische Methoden an die Musikpsychologie zu adaptieren, brachte


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