- 53 -Kietz, Nicola: Musikverstehen und Sprachverstehen 
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Patienten, deren spezifische Ausfallerscheinungen zu Lebzeiten genau festgehalten worden waren und gelangte so zu ersten Erkenntnissen auf dem Gebiet der Lokalisation von Sprache: Es wurden in der linken Hemisphäre zwei Zentren (das Brocasche und Wernickesche Zentrum) gefunden, die bei Schädigung für schwere motorische bzw. sensorische Sprachstörungen (Aphasien) verantwortlich waren.
Auch musikbezogene Ausfallerscheinungen - sogenannte Amusien - wurden bereits gegen Ende des letzten Jahrhunderts erforscht.

Dieses Unternehmen war und ist insofern problematisch, als häufig keine gesicherten Hinweise darüber vorliegen, ob es sich wirklich um musikalische Ausfallerscheinungen handelt, oder ob der Patient nicht schon vor der Verletzung nur beschränkte musikalische Fähigkeiten besaß. Im Gegensatz zu ungenügendem sprachlichem Kommunikationsvermögen können jene durchaus unbemerkt bleiben.

Sie ließen sich allerdings im Gegensatz zu den auf die linke Gehirnhälfte beschränkten Aphasien nicht in ausschließlich einer der beiden Hemisphären festmachen. Sowohl die rechte als auch die linke Hirnhälfte konnte ursächlich mit sensorischen/rezeptiven oder motorischen/ expressiven Amusien in Verbindung gebracht werden (s. Klemm 1987, S. 73 ff.).

Interessant für den Vergleich sprachlicher und musikalischer Fähigkeiten ist darüber hinaus noch ein anderes Faktum:

"[In summary, disorders of music perception do not seem to result from well defined localized foci.] To the contrary, they often tend to fuse and mix with the complex abnormalities of language or deficits of auditory object perception [...]." (Marin 1989, S. 257)

Amusien treten also meistens gemeinsam mit aphasischen Erscheinungen auf (Aphasien dagegen auch unabhängig von Amusien; s. Klemm 1987, S. 71 ff.). Möglicherweise deutet diese Tatsache darauf hin, daß musikalische Verarbeitungsmechanismen zumindest teilweise von sprach-lichen abhängig sind. Einige in diesem und im nächsten Teilkapitel folgende Untersuchungsergebnisse unterstützen diese These.

Aufgrund zunehmender Kritik an der zuvor genannten Vorgehensweise, d.h. dem Versuch, das Verhalten Gesunder von dem Kranker abzuleiten,

Das Problem liegt vor allem darin, daß die beobachtbaren Symptome der Krankheit von unzähligen Variablen abhängen, und zwar von " Ursache, Schwere und Dauer der Läsion sowie vom Zustand des Patienten v o r und seinem Alter b e i m Eintritt der Verletzung ". (Klemm 1987, S. 69)

ist man verstärkt dazu übergegangen, Methoden zur Untersuchung gesunder Menschen zu entwickeln.

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