"[...] ob überhaupt Schemata und Prototypen zur strukturellen (meine Hervorhebung, N.K.) Repräsentation von Musik aktiviert werden sollen, und ob nicht vielmehr die Merkmalsvariation auf der fokussierten Repräsentationsebene unter Verwendung von Schemata und Prototypen weiterverarbeitet werden soll, die affektive (meine Her-vorhebung, N.K.) oder Ausdrucksqualitäten der Musik zu repräsentieren erlauben." (Stoffer 1985a, S. 170) Unter diesem Aspekt erscheint es plausibel, daß unterschiedliche Ebenen musikalischen Verstehens (s. Kap. 3.1.1) existieren können. Da Musik in der Kognition immer wieder neu und anders erzeugt werden kann, erscheinen auch solche radikal-konstruktivistischen Betrachtungsweisen einleuchtend, die der Musik "außerhalb von menschlichen Köpfen" keine Existenz zugestehen (s. Stadler/Kobs/ Reuter 1993). Nachdem deutlich gemacht werden konnte, daß die in der Psycholinguistik genutzte Schematheorie auch Erklärungswert für musikalische Verstehensprozesse besitzt, muß nun gefragt werden, wie das in den Schemata repräsentierte musikalische Wissen genau aussehen und wie es mit sprachlichem Wissen in Verbindung stehen könnte. Erklärungsansätze hierzu existieren bisher fast ausschließlich im Bereich des musikalisch-syntaktischen Wissens. Affektiv-ästhetische oder kulturhistorische Aspekte des Musikhörens sind in der Schematheorie noch unzureichend berücksichtigt worden.
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