- 330 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Vermittelte Musik 
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oder diffuse Tonhöhen handelt. Die Anzahl und Eigenarten der Phrasenbildung und vieles mehr wurden notiert und ausgewertet.


Davidson entwickelte Aufgrund seiner Ergebnisse eine kognitive Theorie des Liederwerbs. Danach eignet sich das Kind mit der Entwicklung des Singens grundlegende Kenntnisse des Tonsystems an. Es entwickelt ein durch Schemata repräsentiertes Wissen über das Symbolsystem Musik. Die Entwicklung der Tonhöhenverhältnisse und der tonalen Beziehungen steht in enger Verbindung mit der gesamten kognitiven Entwicklung des Kindes. Vorschulkinder verwenden beim Zeichnen noch keine horizontale Linie als Gliederungshilfe. Eine räumliche Organisation und Proportionen der Zeichnung fehlen. Das Kind fügt Element an Element und Figur an Figur. Die Konturen der Zeichnungselemente aber werden bereits beachtet. Die Elemente des menschlichen Körpers etwa befinden sich im kindlichen Bild am richtigen Platz, ohne jedoch eine feste Beziehung zum Gesamtkörper aufzuweisen. Ebenso fehlt den einzelnen Tönen die Beziehung zum Tonsystem oder zu Tonleiterabschnitten. Tondauern und Rhythmen weisen noch kein gemeinsames Grundmetrum auf. Erst um das sechste Lebensjahr werden die Elemente miteinander verbunden und koordiniert.


Piaget bezeichnet den nun folgenden Entwicklungsabschnitt als Phase der konkreten intellektuellen Operationen. Das Kind erkennt auf dieser Entwicklungsstufe diskrete Tonabstände. Einzelne Töne oder Tonabstände kann es jedoch noch nicht verändern, ohne sie zu singen oder zu hören. Ein nicht gerade gehörter oder unmittelbar wiederholter Tonabstand entgleitet ihm. Das musikalische Wissen ist noch in verschiedene Bereiche aufgeteilt. Ausführung, Wahrnehmung und Reflexion bestehen unabhängig und isoliert voneinander.


Erst in der Phase des abstrakten musikalischen Denkens ist das Wissen über die Zusammenhänge des Tonsystems frei verfügbar. Verschiedene Bereiche des musikalischen Wissens wachsen durch Unterweisung und Ausbildung zusammen. Instrumental- oder Gesangsunterricht, Gehörbildung und Melodiediktate sind notwendig, um eine musikalische Struktur zu bilden. Im handelnden Umgang mit Musik lernen Kinder und Jugendliche, sich Tonfolgen und Melodien vorzustellen, sie zu transponieren oder rhythmisch-melodisch zu variieren. Sie können Melodien nun ihrem musikalischen Kontext entsprechend interpretieren.


Gembris macht in Bezug auf die genannten Stufen des Liederwerbs bewußt keine Altersangaben. Das Erreichen der Entwicklungsstufen hängt anders als in der Entwicklungstheorie Piagets von Unterricht und Übung ab. Dennoch bestehen gewisse Parallelen zu Piaget. Die sensumotorische musikalische Entwicklung entspricht der präoperationalen Intelligenz bei Piaget. Sie dauert etwa bis zum sechsten Lebensjahr. In der Phase der konkreten intellektuellen Operationen –


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