Übe
Deinen Vortrag zu Hause, nimm das Tonband zu Hilfe
Sprich
vor allem Namen mit größter Sorgfalt aus, achte darauf,
daß wichtige Namen wiederholt werden
Denke
an den Ratschlag von Robert Schumann: willst Du Effekte machen, dann
übertreibe (in der Langsamkeit des Vortrags, in der Modulation
von Tonfällen etc.)
Keine
Angst vor dem Herzeigen von Gefühlen; Du kannst ruhig zu
erkennen geben, daß Dir Dein Thema Spaß macht, an die
Nieren geht, wichtig ist. Oute Dich, wenn Dich eine Sache stark
berührt (aber werde nicht privat, das kann peinlich sein)
Einen
Vortrag „gibt man nicht ab“, einen Vortrag präsentiert,
zelebriert man
Hab
keine Angst vor Humor, er schadet nichts
Wann
immer möglich, baue nach dem Prinzip eines Radiofeatures Musik
mit ein (immer kürzer, als Du denkst; den besten Effekt erzielt
man, wenn man das Gefühl hat, die Zuhörer hätten gern
noch länger zugehört)
Du
bist unschlagbar, wenn Du während Deines Vortrags als Musiker
auftrittst: singend oder spielend, dann bist Du ein vollkommenes
Medium
Falls
die Musik nicht zu elaboriert ist, darf man sogar „voice over“
machen (Achtung: Musik muß dabei wirklich nur dezente
Grundierung bleiben)
Behalte
Deine Zuhörer im Auge, laß sie nicht los, gibt ihnen das
Gefühl des persönlichen Angesprochenseins
Schön,
wenn Du dann und wann frei formulierst, fabulierend ein bißchen
abschweifst, scheinbar nebensächliche Episoden gleichsam
parlando mit einbindest (an solchen Stellen kann man auch als
Kommentator seines eigenen Vortrags in Erscheinung treten)
Du
willst Musik nicht vermitteln, sondern erlebbar machen. Also sorge
dafür, daß sie einen aufregenden „Rahmen“
bekommt – dieser Rahmen ist Deine Erzählung, d. h. er
stellt ein Stück des ursprünglichen musikalischen
Lebenszusammenhangs aus. Schüler erleben dann Musik in ihrer
„existentiellen Bedeutsamkeit“ (z. B. wenn Schuberts
Todesvision im Leiermann zum Greifen nahe kommt). Bedenke:
das Hauptanliegen von Musik ist ihre sinnliche Unmittelbarkeit, als
Tummelwiese für harmonische Analysen bleibt sie blutleer
Denn
es macht einen Unterschied, ob Du mit Deinen Schülern in einen
Dom gehst und dort die Kühle, die Weite des Raums, den Rest von
Weihrauch, das gebrochene Sonnenlicht erlebst, oder ob Du mit ihnen
die Bauskizzen studierst ...
War noch was?
Ach ja. Bevor Gotthold Ephraim Lessing, einer der schärfstsinnigen
Aufklärer und hellstsichtigen Analytiker, ihn zum Sultan
schickt, auf daß er diesem die Parabel von den drei
ununterscheidbaren Ringen erzähle, läßt er Nathan,
den Weisen, in den weißen Bart murmeln: „Nicht die Kinder
bloß speist man mit Märchen ab“.
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