Mein[en] Sebastian [...] war anfangs so mager und schwächlich, daß jeder an seinem Leben verzweifelte, aber jetzt, wo ich schreibe, haben wir die Freude, einen dicken, prächtigen, gesunden Jungen zu besitzen, für dessen Fortkommen nicht mehr Besorgnis, als für jedes andere Kind ist.3
Fanny hatte sich mit großem Ernst auf ihre Ehe vorbereitet und schon im „Brautstand“ versucht, alle Unstimmigkeiten mit Hensel auszuräumen und ein harmonisches Miteinander zu finden, so daß sie am 30. Juli 1829 in ihrem Tagebuch vermerken kann:
Es
geht alles still und ruhig vorwärts, mit Hensel komme ich immer
mehr ins Reine, und unser Verhältniß bereitet sich immer
mehr auf das eheliche vor. Ich bin sehr zufrieden. Es ist mir sehr
merkwürdig, wie mich schon der Brautstand viel mehr Neues
gelehrt hat, als ich im Ehestand lernen zu können glaubte
[...].4
Fanny sah es als ihre Aufgabe an, das partnerschaftliche Zusammenleben in der Ehe zu gestalten und in ihr die dominierende Rolle einzunehmen. Wie bewußt sie die ehelichen Pflichten ausübt, belegen die Rechenschaftsberichte am Ende eines Jahres, wenn sie – wie z. B. 1832 – Bilanz zieht:
Überhaupt
können wir mit Zufriedenheit das zurückgelegte Jahr
betrachten....Mein lieber Wilhelm und ich, wir können uns das
Zeugniß geben, fleißig gewesen zu seyn, und unsere
häusliche Glückseligkeit und Eintracht kann nun glaub’
ich, nicht mehr wachsen. Unser süßes
Kind gedeiht und macht uns die größte Freude.5
Ihr Vater hatte Fanny schon sehr früh auf ihre Rolle als Ehefrau und Mutter eingeschworen; und nicht zuletzt sein Brief zu ihrer Konfirmation, den er ihr 1820 aus Paris schickte, mag seine Spuren in Fannys Bewußtsein hinterlassen haben. Darin stellt Vater Abraham Lea als leuchtendes Beispiel einer Mutter dar, „deren ganzes Leben Pflichterfüllung, Liebe, Wohltun ist.“ Und weiter schreibt er:
Du wuchsest heran unter ihrem Schutz, in stetem Anschauen und unbewußter Nachahmung und Gewohnheit dessen, was dem Menschen einen Wert gibt. Deine Mutter war und ist, und mein Herz sagt mir, wird noch lange bleiben Deine und Deiner Geschwister und unser aller Vorsehung und Leitstern auf unserem Lebenspfade. Wenn Du sie betrachtest, wenn Du das unermeßliche Gute, das sie Dir, solange Du lebst, mit steter Aufopferung und Hingebung erwiesen, erwägst, und dann in Dankbarkeit, Liebe und Ehrfurcht Dir das Herz auf- und die Augen übergehen, so fühlst Du Gott und bist fromm.6
Für ihre Kantate Lobgesang hat Fanny Texte aus der Bibel und Verse aus dem protestantischen Choral „O, daß ich tausend Zungen hätte“ zusammengestellt. Im Mittelpunkt der Komposition steht das Sopran-Rezitativ mit den Worten:
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