- 48 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Vermittelte Musik 
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gesprochen, deren innere seelische Qual durch ein dem Herzschlag gleichendes, zum Cellospiel hinzutretendes dumpf klopfendes Trommelgeräusch hörbar wird.

Subtil wird die Erregung der beiden Soldaten über die Problematik des eigenen Tuns, des Schießens auf „Köpfe“, die fühlen, denken und „Mutter“ sagen können, wie sie selbst, durch fein dosierte Echowirkungen unterstützt. Als sie trotz des selbstzweiflerischen Dialogs zum eigenen Tun dem Befehl gehorchend wieder schießen, steigern sich die weibliche Erzählstimme und die Cellolinie in eine schnelle, sich fast verhaspelnde Erregung hinein, die mit dem Textende abrupt verklingt. Zweifellos gehört die Produktion zu den eindrucksvollsten Kompositionen, die auf den Hörer auch heute noch eine aufwühlende Wirkung ausübt.


Die Arbeit gehört zu dem Genre der textorientierten Tonbandproduktionen, deren Konzeption von einer ausgesuchten literarischen Vorlage oder einem Gedicht wie beispielsweise das gleich dreimal vertonte Gedicht Reklame von Ingeborg Bachmann (jeweils unabhängig voneinander konzipiert: 1984 von Irmlind Uffmann / Ulrike Hennig, 1985 von Renate Steinkamp und Nike Stoffregen, 1996 von Dorothee Kuhle und Jörg Schraplau) oder Die Todesfuge von Paul Celan (Elke Günzel, 2001) ausgeht.


Zu nennen wären in dieser Hinsicht etwa die 1995 entstandene Arbeit Hiroshima von Jessica Voß und Barbara Hülse, nach einem Text von Marie-Luise Kaschnitz, deren Musik feinsinnig auf die Bloßstellung der zynischen US-Bürger­lichkeit ehemaliger Bomberpiloten reagiert, oder die Collage Schtzngrm (1985) von Susanne Albsmeier, Diana Nyenhuis und Elisabeth Rotermund. Hier wird die lautmalerische Dadaistik von Ernst Jandl mit Kriegsgeräuschen, Sirenenklängen usw., aber auch durch Anspielen der international bekannten Schlagermelodie Lili Marleen musikalisch ausgearbeitet. Das Gedicht wird dabei gleich zweimal vorgetragen, beim ersten Mal lediglich von kargen, düsteren Trommelklängen begleitet, beim zweiten Mal mit voller Aus- und Untermalung der kriegsassoziativen Geräusche und Klänge, so daß das Stück ideal zum unterrichtspraktischen Hör- und Interpretationsvergleich und fächerübergreifend auch zur behutsamen Einführung in die anarchisch-expressionistische Stammelei dadaistischer Lautgedichte geeignet wäre.


Weitere Arbeiten setzen beliebte Fabeln, Märchen und Geschichten aus Kinderbüchern, z. B. Erzählungen von Janosch, um, eine Konzeptionsform, die besonders von Studierenden des Lehramts an Grund- und Hauptschulen geschätzt wird. Wieder andere beschreiben musikalisch ein bestimmtes Ereignis oder typisches Geschehen. Sie folgen z. B. dem Alltag eines Musiklehrers (Kirsten Balkenohl / Meike Vogenbeck, 2000) oder komprimieren typischen Erkennungsmelodien von Fernsehkrimis zu einer Kurzkrimicollage: Andere schildern musikalisch das psychische Innenleben eines Menschen oder (auch klanglich) seine Körperlichkeit (Klangkörper Mensch, Cornelia Hülse / Nina Okrassa, 1996)


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