- 109 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Musik und Leben 
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diese Friedensfeierkomposition, die nach Unterzeichnung des Friedensvertrages 1698 zu Uraufführung kam. Schon im 17. Jahrhundert wird die Aggression mit der eigenen Bedrohtheit begründet. Frankreich steht hier im Kleid des biblischen Israels. Es heißt im Text: Sie haben sich alle einmütig verschworen, sie haben einen Bund geschlossen und gesagt: »Kommt, laßt uns die Völker vernichten, daß man sich des Namens Israel nicht erinnert.«

Um 1680 kann von einer Bedrohung Frankreichs jedoch kaum ernsthaft gesprochen werden. Frankreich selbst war der Agressor und wollte seinen Machtanspruch ausweiten. Die Beurteilung der entsprechenden Lage im Frühjahr 2003 soll hier nicht Gegenstand sein.

Die Zusammenhänge aber legen dar, daß sich die Begründung, Krieg zu führen, nach 300 Jahren noch genauso zeigt. Immer wieder ist es die eigene Bedrohtheit, die zur Rechtfertigung herangezogen wird. Es war genauso 1870, 1914 und 1939, ebenso in Korea, Vietnam und Falkland, im heutigen Israel und überall.

Aber die Rolle der Kunst hat sich grundlegend geändert. Die Linientreue, mit der Brossard hier die französische Position im Kleid der biblischen Worte wiedergibt, ist im Laufe des 20. Jahrhunderts aus der Grundhaltung der Künstler verschwunden. Die Künstler sind mehrheitlich zu Kritikern der militärischen Agression und Gewalt geworden. Das hat sich auch 2003 wieder bis in die Popmusik-Szene hinein gezeigt4

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Z. B. Elton John in Gottschalks Wetten dass?: »I thank Germany for his No to war.«
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Das gewandelte Rollenverständnis von Kunst läßt sich an zwei Kompositionen auf das Ende des Zweiten Weltkrieges verdeutlichen. Zwei Rundfunkanstalten, die BBC und Radio Genf, hatten einen Kompositionsauftrag für ein Werk vergeben, das bei der Beendigung des Zweiten Weltkrieges aufgeführt werden sollte. Die Aufträge wurden im Spätsommer 1944 an den britischen Komponisten Ralph Vaughan Williams und an den Schweizer Frank Martin vergeben. Vaughan Williams schuf ein 15minütiges Werk für Sopran, Sprecher, Chor und Orchester mit dem Titel A Song of Thanksgiving. Das Werk wurde bereits im November 1944 für eine zukünftige Ausstrahlung aufgenommen. Die Erstausstrahlung fand im Rahmen einer speziellen Dankesfeier am 13. Mai 1945 statt. Als Textgrundlage sind Bibelstellen und Worte englischer Schriftsteller kombiniert. Aus der Bibel entstammt der Gesang der Drei Jünglinge im Feuerofen5

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3. Buch Daniel.
und Passagen aus Jesaja, als Engländer wurden William Shakespeare und Rudyard Kipling herangezogen. Der Schluß des Werkes ist auf den Text von Rudyard Kipling und Jesaja vertont:


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