- 122 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Musik und Leben 
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litten und nach Auswegen suchten. Neben Frieda Loebenstein seien stellvertretend zwei weitere Frauen verschiedener Generationen genannt:

Agnes Hundoegger (1858–1927) und Maria Leo (1873–1942)

Agnes Hundoegger, die als 16jährige an die Berliner Musikhochschule kam, legte dort Reifeprüfungen in Klavier und Gesang ab und vervollständigte das Gesangsstudium bei Julius Stockhausen in Frankfurt a. M. Bekannt sind ihre Begegnungen mit Brahms, Joachim und Clara Schumann. Nach kurzer Konzerttätigkeit als Pianistin und als Sängerin lebte sie in ihrer Heimatstadt Hannover und widmete sich dem Unterrichten. Auf der Suche nach einer geeigneten Gehörbildung war sie schon vor der Jahrhundertwende auf John Curwens Tonic Solfa gestoßen und hatte einen Einführungskurs 1897 für deutsche Verhältnisse adaptiert: Leitfaden der Tonika-Do-Lehre für den Schulgebrauch. Der Zusatz »für den Schulgebrauch« deutete eine Zielrichtung an, der zunächst kein Erfolg beschieden war: Einerseits hatte der Volksschullehrer Carl Eitz mit seiner »wissenschaftlichen« Tonwortmethode einen besseren und solidarischeren Zugang zu Schulpraktikern und Schulbehörden, andererseits wurde TD anfangs nur von Frauen vertreten, die als »Privatmusiklehrerinnen« der Frauenrechtsbewegung nahe standen und schon allein deswegen unglaubwürdig erschienen. Es war schwer zu vermitteln, daß »es nicht nur ein paar ,Damen‘ sind, die aus Mangel an Logik und Überfluß an kindlichem Vertrauen sich für TD (Tonika-Do) begeistern.«4

4
Maria Leo in einem Brief an Agnes Hundoeggers Mitarbeiterin Alma Bräuer. Zu Einzelheiten vgl. Eva Rieger, Agnes Hundoegger, in: Hiltrud Schroeder, Sophie & Co. Bedeutende Frauen Hannovers, Hannover 1990, S. 139 ff.
Tatsächlich schwand der Widerstand nach und nach, nachdem der sächsische Kantor Alfred Stier 1925 den Vorsitz des 1909 gegründeten Tonika-Do-Bundes übernahm.
(Gewisse Parallelen zum Verhältnis von Sarah Ann Glover zu John Curwen sind unübersehbar. Hierzu gehört aber auch John Curwens Auseinandersetzung mit englischen Schulbehörden, die sich wegen des staatlichen Methodengebots/ -verbots ebenso verhielten wie die deutsche Schulverwaltung bis 1918. Zu TD gab es diametral entgegengesetzte Gutachten – sogar von gleichen Verfassern!)

Maria Leo, fünfzehn Jahre jünger als Agnes Hundoegger, war ebenfalls Pianistin. Sie arbeitete als Korrepetitorin in New York, dann (ab 1898) in Berlin. Seit 1905 setzte sie TD im Klavierunterricht ein. Nachdem 1910 eine Prüfungsordnung für Musiklehrerinnen an höheren (Mädchen-)Schulen erschienen war – eine treibende Kraft war Alexis Holländer gewesen –, gründete Maria Leo 1911 ein (privates) Seminar für Musiklehrerinnen.5

5
Vgl.: Neues Lexikon der Musikpädagogik, Personenteil, Kassel 1994.
Frauen konnten damals zwar eine staatliche Musiklehrerinnen-Prüfung ablegen, konnten aber erst ab 1922 an der Akademie für Kirchen- und Schulmusik studieren! Sie wurde dabei von Mitgliedern der Musiksektion des Allgemeinen Deutschen Lehrerinnenverbandes
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