Frieda Loebenstein (*16. 5. 1888 in Hildesheim, † 6. 5. 1968 in São
Paulo).
Nach frühem Instrumentalunterricht in Hannover und ersten Erfahrungen als Klavierlehrerin
(im Alter von 13 Jahren) nahm Frieda Loebenstein 1911 ein Musikstudium auf, das sie 1913 in
Berlin fortsetzte.
Dort wurde sie 1921 Lehrerin für Gehörbildung am Sternschen Konservatorium.
Von 1926 bis 1933 arbeitete Fr. Loebenstein als Klavierpädagogin am Seminar für
Musikerziehung an der Akademie für Kirchen- und Schulmusik (Staatl. Akad. Hochschule für
Musik). Als Mitarbeiterin Georg Schünemanns war sie an dessen Grundlagenforschung für eine
neue Methodik des Instrumentalunterrichts beteiligt.
Im Sinne der Kestenberg-Reformen versuchte sie in der Klavierpädagogik eine ständige
Verbindung und Wechselwirkung zwischen den spezifischen Anforderungen des Instrumentes
(»Technik«) und der »Ganzheit des Musikalischen« herzustellen. Bei der Arbeit mit
Kindern und Jugendlichen hielt sie Gehörbildung (Tonika-Do) und Improvisation für
unabdingbar.
Als »Kulturbolschewistin und Jüdin« wurde sie 1933 aus der Hochschule entlassen.
Nach ihrer Konversion zum Katholizismus emigrierte sie nach Brasilien. Dort lebte sie
bis zu ihrem Tode in der Benediktinerinnen-Abtei Santa Maria in São Paulo und
wirkte für die Verbreitung der Tonika-Do-Methode. (Ein Zusammenhang mit ähnlichen
Bemühungen von Heitor Villa-Lobos liegt nahe, konnte bisher aber nicht nachgewiesen
werden.)1
Text des Verf. für das Neue Lexikon der Musikpädagogik, 2000 (nicht aufgenommen).
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»Frieda Loebenstein, wer ist das?« – Diese Frage wird selbst von Kennern des Umfeldes
Leo Kestenbergs in den 20er Jahren häufig gestellt.
Der Name der Klavierpädagogin und Pianistin Frieda Loebenstein ist
nur noch einem kleinen Kreis Eingeweihter vertraut: den Anhängern
der Tonika-Do-Bewegung. Das klavierpädagogische Werk der Frieda
Loebenstein, ihr Einsatz für die reformpädagogischen Maximen Leo
Kestenbergs am Seminar für Musikerziehung der Berliner Hochschule für
Musik ist heute nahezu in Vergessenheit
geraten.2
Anna-Christine Brade, Art. Frieda Loebenstein, in: Pianisten in Berlin.
Klavierspiel und Klavierausbildung seit dem 19. Jahrhundert, hg. von
Wolfgang Rathert u. Dietmar Schenk mit Beiträgen von Linde Großmann u.
Heidrun Rodewald, Berlin 1999 (= HdK-Archiv, Hochschule der Künste Berlin;
Bd. 3), S. 82 f.
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Ohne jeden Zweifel hat sich Frieda Loebenstein zeitlebens für die Tonika-Do-Methode
eingesetzt.3
Die unter »Tedisten« übliche Kurzform »TD« oder »T. D.« wird im folgenden verwendet.
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Dieses Engagement ist weder von ihrem klavierpädagogischen Werk noch von ihrem
Einsatz für die reformpädagogischen Bestrebungen Leo Kestenbergs zu trennen. Frieda
Loebenstein gehört zu jenem Kreis von Frauen, die als Pianistinnen ausgebildet, unter
der »Gehörlosigkeit« ihrer Schüler