- 28 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Musik und Leben 
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Hermann J. Busch
Die Klosterglocken läuten, die Landleute sind lustig beisammen
Orgel- und Salonmusik im ›Second Empire‹

Werft auf die schlechte Musik euren Fluch, aber nicht eure Verachtung! Je mehr man die schlechte Musik spielt oder singt (und leidenschaftlicher als die gute), desto mehr füllt sie sich allmählich an mit den Träumen, den Tränen der Menschen. Deshalb soll sie euch verehrungswürdig sein.1
1
Marcel Proust, Tage der Freuden, zit. nach: Sabine Schutte, Musik im Salon, in: Hartmut Fladt, Martin Geck u. Sabine Schutte, Musik im 19. Jahrhundert. Aspekte bürgerlicher Musikkultur, Stuttgart 1981 (= Studienreihe Musik, hg. von Sabine Schutte u. Johannes Hodek), S. 19.

Diese Sätze Marcel Prousts zitiert Sabine Giesbrecht in einer ihrer Arbeiten zu gewissen musikalischen Phänomenen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, die seinerzeit noch selten die Aufmerksamkeit der akademischen Musikwissenschaft wie auch der Musikpädagogik fanden.

Zu der »schlechten« Musik, die Proust im Paris der Jahrhundertwende hören konnte, gehörten wohl unter anderem die Salonstücke von Louis-James-Alfred Lefébure-Wely, darunter dessen berühmtestes Werk, die Klosterglocken (« Les cloches du monastère »). Diesem Komponisten war nicht an der Wiege gesungen worden, dass er seinen Nachruhm vor allem »schlechter« Musik verdanken sollte, stammte er doch aus Kreisen der als »verehrungswürdig« anerkannten Kirchenmusik und ist diesen auch ein Leben lang verpflichtet geblieben: Louis-James-Alfred Lefébure-Wely wurde geboren am 13. November 1817 in Paris als Sohn des Organisten der im 1. Arrondissement gelegenen Kirche Saint-Roch Isaac-François Lefèbre (1756–1831), der seinen Namen später änderte. Schon im zarten Alter von acht Jahren vertrat er seinen kränkelnden Vater im Organistenamt, wozu dieser eigens einige Orgelstücke verfasste, die posthum im Druck erschienen: Six Grands Offertoires pour l’orgue, composés pour son fils par Lefébure-Wely. Ancien organiste de St Roch.

Nach dem Tode des Vaters übernahm der Vierzehnjährige dessen Nachfolge an Saint-Roch und studierte gleichzeitig am Pariser Conservatoire Orgel bei François Benoist (1. Preis 1835), dem Vertreter eines nachklassischen Orgelstils, zugleich Komposition bei Jacques Fromental Halévy, einem der Schöpfer der französischen großen Oper, daneben Klavier bei Pierre Zimmermann. Anschließend nahm er noch Privatunterricht bei Adolphe Adam.


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