»Das
Denken
gehört
zu
den
größten
Vergnügungen
der
menschlichen
Rasse.«
(B.
Brecht)
Eine Situationsbeschreibung
Die folgende Situation kennt wohl jeder Kollege und jede Kollegin aus eigener Erfahrung.
Man hat sich in Dienstgeschäften zum Rektorat begeben und wartet dort auf dem Flur
zusammen mit einem unbekannten Kollegen darauf, hereingerufen zu werden. Man stellt
sich gegenseitig vor, in der Hoffnung, die Wartezeit mit einem anregenden Gespräch
füllen zu können. Der Kollege gibt sich als katholischer Theologe (wahlweise als
Philosoph, Wirtschaftswissenschaftler oder Chemiker) zu erkennen, ich oute mich als
Musikpädagogin. Als Reaktion des Gegenübers erfolgt unweigerlich: »Ach. Und
welches Instrument spielen Sie?« – Erklärungsnotstand. Dass die Musikpädagogik
eine wissenschaftliche Disziplin ist, in der historisch und systematisch über das
Verhältnis von Mensch und Musik, im Kontext der Lehrerausbildung vor allem über
musikalisches Lernen geforscht wird. . . – Ungläubiges Staunen des Kollegen: »Also
entweder bin ich musikalisch oder nicht. Entweder gefällt mir eine Musik oder
nicht. Was gibt es daran wissenschaftlich zu untersuchen und was ändert sich
dadurch?« – Bevor ich zur ersten Lektion meiner Vorlesung »Einführung in die
Musikpädagogik« ansetzen kann, öffnet sich die Tür des Rektor-Vorzimmers und ich darf
eintreten.
Der Rektor begrüßt mich mit den Worten: »Das Konzert des Studentenorchesters
(wahlweise: des Uni-Chores, der Big Band) letzte Woche war ja wieder ganz großartig.
Überwältigendes Presseecho! Die Aktivitäten Ihres Instituts sind ein hervorragendes
Aushängeschild unserer Universität.« – Ganz gleich, was das Rektorgespräch am Ende
erbracht hat – ich verlasse die Stätte mit dem dumpfen Gefühl, im falschen Film gewesen
zu sein.
Hochgelobt und missverstanden zugleich: das ewige Dilemma der Musikpädagogik
an der Universität. Geschätzt wegen ihrer Außenwirkung und als Lieferantin
akustischen Zierats für akademische Feiern, unbekannte Größe im Kanon der
wissenschaftlichen Disziplinen. Der Status des Musikpädagogen: irgendwo