zwischen
Grüßaugust und (wissenschaftlichem) Gastarbeiter, zwischen Entertainer und
Esoteriker.
Warum ist die Musikpädagogik im öffentlichen Bewusstsein offenbar hauptsächlich als
Instrumentalpädagogik präsent? Warum wird auch der Erfolg des schulischen
Musikunterrichts ausschließlich an den Aufführungen der Chöre, Orchester,
Big- und Rockbands und Musical-AGs gemessen? Warum trifft man so selten
Menschen, denen das Nachdenken über Musik – ihre Theorie, ihre Geschichte, ihre
Rezeption, Wirkung und Vermittlung – der Mühe oder gar einer Wissenschaft wert
erscheint?
Kann es sein, dass die Musikpädagogik es in dreißig Jahren nicht geschafft hat, sich im
Wissenschaftsbetrieb zu verorten? (Man sucht uns zwar nicht, aber wenn wir
nicht vernehmlich »hier!« schreien, wird man uns auch nie finden.) Warum
sind ihre Vertreter nicht in der Lage, Außenstehende für ihren Gegenstand zu
interessieren?
Weit davon entfernt, alle diese Fragen beantworten zu können, greife ich einen
übergreifenden Aspekt der geschilderten Situation und der daraus entwickelten Fragen
heraus und mache ihn zur Grundlage meiner Überlegungen: den Aspekt des fehlenden
Wissens, der mangelnden Kenntnisse, des defizitären Nachdenkens über Musik. Im
Gegensatz zu der Anfang der 70er Jahre vom Liedermacher-Duo Schobert &
Black ausgegebenen Parole »Was ist der Grund von allen Übeln? Das Grübeln!«
vertrete ich die These, dass Musikpädagogik und Fachdidaktik derzeit durch
ein Defizit an Nachdenken gekennzeichnet sind. Ich werde zunächst auf das
Nachdenken über Musik in der aktuellen Musikpädagogik eingehen, alsdann auf
das Nachdenken über Musik in der gegenwärtigen Musikdidaktik. Den Schluss
bilden einige perspektivische Überlegungen zur Veränderung des defizitären
Zustands.
Musikpädagogik ohne Musik
Wissenschaftliche Musikpädagogik definiert sich heute als »Allgemeine
Musik-Erziehungswissenschaft«1
Jürgen Vogt, Das Allgemeine des Besonderen. Einiges zu Aufgaben und Möglichkeiten einer
Allgemeinen Musikpädagogik [Manuskript eines Aufsatzes für den AMPF-Jahresband 2003],
S. 6.
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.
Musikdidaktik wird als musikpädagogische Teildisziplin aufgefasst
und nach Kaiser/Nolte als »Theorie des Musikunterrichts«
definiert
2
Hermann Josef Kaiser / Eckhard Nolte, Musikdidaktik, Mainz 1989, S. 22.
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.
Musikpädagogik ist damit Teil des Wissenschaftssystems, Musikdidaktik Teil des
Erziehungssystems
3
Vgl. Vogt, a. a. O., S. 12.
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.
Dass diese Definitionen sich keineswegs schon auf breiter Front durchgesetzt
haben und dass auch das schon 1980 von Sigrid Abel-Struth diagnostizierte
Theorie-Praxis-Problem der Musikpädagogik noch