- 143 -Lehmann, Silke: Bewegung und Sprache als Wege zum musikalischen Rhythmus 
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Ebenso, wie Sprache nicht ausschließlich nur in der linken Hirnhälfte verarbeitet wird, sondern auch in der rechten, tragen auch beide Hemisphären zur Musikverarbeitung bei. Die folgenden Untersuchungsergebnisse erläutern diese Tatsache besonders in Bezug auf den Rhythmus genauer.

Rückschluss aus Ausfällen

Störungen in der zeitlichen Wahrnehmung von Musik wurden nach den Ergebnissen älterer Studien häufiger links- als rechtshemisphärischen Läsionen zugeschrieben (vgl. Altenmüller u. a. 2000). So beschreibt Mavlov (1980) den Fall eines 61jährigen Berufsmusikers, der einen linksseitigen Schlaganfall erlitt. Wenige Wochen nach der Läsion war dieser Patient nicht in der Lage wohlbekannte Melodien zu identifizieren oder nachzusingen, selbst simpelste Rhythmen konnten weder reproduziert noch miteinander verglichen werden. Deutlich war, dass diese rhythmischen Störungen die Amusie verursachten, denn unabhängig von zeitlichen Prozessen konnten Tonhöhen identifiziert werden. Auch einige Jahre später – der Patient hatte immerhin seine Sprache zurückgewonnen, die motorischen Probleme der rechten Körperseite bestanden jedoch weiter – dauerte die Störung der musikalischen Fertigkeiten immer noch an. Bemerkenswert ist in diesem Fall, dass die Wahrnehmungsstörung modalitätsübergreifend war, denn neben der auditiven waren auch visuell oder taktil dargebotene Rhythmen betroffen.

Dichotisches Hören

Eine andere Methode, die darauf abzielt herauszufinden, welche Hirnhälfte für die Verarbeitung eines Prozesses zuständig ist, ist das dichotische Hören. Hierbei werden den Versuchspersonen über Kopfhörer gleichzeitig unterschiedliche akustische Stimuli auf das rechte und linke Ohr präsentiert. Wenn ein Ohr besser in der Lage ist, diese Reize wiederzugeben oder wiederzuerkennen (wenn diese anschließend für beide Ohren zugleich, also ›normal‹ erklingen), kann daraus geschlossen werden, dass die entsprechende – kontralaterale – Hemisphäre aktiver an der Aufgabenstellung teilnahm. Mehrere Versuche konnten einen Vorteil für das rechte Ohr im Umgang mit rhythmischem Material zeigen, was als ein Hinweis auf eine Verarbeitung von rhythmischen Stimuli in der linken Hirnhälfte gewertet wird (vgl. Natale 1977, Gordon 1978).

Eine differenziertere Einordnung musikalischer Funktionen als Ergebnis der Auswertung einiger Untersuchungen zum dichotischen Hören listet Bruhn auf:


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