- 144 -Lehmann, Silke: Bewegung und Sprache als Wege zum musikalischen Rhythmus 
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Linke Hemisphäre
= rechtes Ohr

Rechte Hemisphäre
= linkes Ohr



I. Verarbeitungsvorteile bei Musik

sehr kurze Töne

Melodien

Rhythmen

Klangfarben

zeitliche Abfolgen von Tönen

Tonhöhen

Intensität

Akkorde

II. Verarbeitungsvorteile bei Sprache

Konsonanten

Vokale

Silben

Folgen von Wörtern



      (aus: Bruhn 1989, S. 97)

Diese Tabelle weist rhythmische Prozesse recht eindeutig der linken Hirnhälfte zu. Dennoch sollte nicht übersehen werden, dass Intensität – laut Tabelle in der rechten Hirnhälfte verarbeitet – durchaus Bestandteil rhythmisch-metrischer Gestaltung ist: die Betonung von Taktanfängen oder auch Synkopen wird (u. a.) durch eine Erhöhung der Intensität gestaltet. Ebenso leben Melodien nicht nur von der Tonhöhe, sondern auch von ihrem Rhythmus. Lieder können ohne weiteres auch dann erkannt werden, wenn nur ihr Rhythmus erklingt. Demnach muss auch die rechte Hirnhälfte einen Anteil an der Entschlüsselung zeitlicher Merkmale haben.

Narkotisierung einer Hirnhälfte

Weitere Aussagen zu den Funktionen beider Hirnhälften ergeben sich aus Untersuchungen, in denen eine Hemisphäre narkotisiert wird. Dies geschieht, indem ein entsprechendes Medikament in eine Halsarterie gegeben wird. Tätig werden kann nun nur noch die nicht narkotisierte Hirnhälfte. Die Patienten bleiben bei der einige Minuten andauernden Narkose bei Bewusstsein, sind ansprechbar und erfüllen unterschiedliche Aufgaben wie Zählen, Darbietung eines Kinderliedes oder Nachsingen vorgegebener Tonhöhen. Die Funktionen, die von der stillgelegten Hirnhälfte gesteuert werden, können anhand der beobachteten Ausfälle rückgeschlossen werden. Diese selektive Hemisphären-Anästhesie wurde an Epilepsie-Patienten im Vorfeld von Operationen vorgenommen, um Klarheit über die Lokalisation bestimmter Funktionen zu erlangen. Die musikalischen Tests wurden in diese Untersuchungen integriert. Hans Borchgrevink (1983, 1990) fand seine Hypothese bestätigt, dass sowohl Prosodie als auch musikalischer Rhythmus in der sprachdominanten Hirnhälfte – also in der Regel linkshemisphärisch – kontrolliert werden. Gordon und Bogen (1974) stellten dagegen fest, dass nach Anästhesie der linken Hirnhälfte durchaus noch rhythmische Qualitäten gesungen wurden und konstatieren, dass rhythmische Prozesse von beiden Hirnhälften gesteuert werden.

Zusammenfassend kann die Frage nach einer eindeutigen Lateralisation von Musik- oder Rhythmusverarbeitung nur negativ beantwortet werden: es ergibt sich kein klares Bild. Auch wenn davon auszugehen ist, dass die eine oder die andere


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