9. Unterrichtsbeispiele für verschiedene Alters- und Zielgruppen
Rhythmus erschließt sich weniger in theoretischen Diskursen als im praktischen
Tun. Möglichkeiten und Wege des konkreten Handelns stehen im Mittelpunkt
der weiteren Ausführungen. Mit den folgenden Unterrichtsbeschreibungen soll
illustriert werden, wie Fertigkeiten in Bezug auf Rhythmus und Metrum im
Unterricht mit verschiedenen Altersstufen angebahnt oder ausdifferenziert werden
können. Grundlage der Praxisvorschläge sind die Erkenntnisse, die im Laufe der
vorhergehenden Kapitel gewonnen wurden. Dabei ist zu unterscheiden zwischen
grundsätzlichen Faktoren, die unabhängig vom Alter und der Unterrichtsform gültig
sind, und solchen, die für spezielle Zielgruppen (wie beispielsweise Kleinkinder) oder
Unterrichtssituationen (wie etwa instrumentalen Gruppenunterricht) besonders beachtet
werden müssen.
9.1. Universelle Faktoren, die im musikpädagogischen Umgang mit Rhythmus und
Metrum zu bedenken sind
Zeitliche Anpassungsleistungen hinsichtlich Wahrnehmung und Steuerung sind als
biologisches (Über-)Lebensprinzip fest in der menschlichen Existenz verankert. Diese
anthropologische Grundausstattung führt schon vorgeburtlich dazu, dass Erfahrungen
gespeichert werden. Bereits im Mutterleib erleben Ungeborene Atmung, Herzschlag,
Kreislauf, Stimme und Bewegungen der Mutter als zeitlich-räumliche Muster. Über den
früh ausgereiften Gleichgewichtssinn werden zuerst Bewegung und Druck erspürt, etwas
später auch akustische Reize aufgenommen.
Säuglinge und Kleinkinder können zu Musik, zu Versen oder Reimen gewiegt und
geschaukelt werden, die Bezugspersonen können ihre Tanzbewegungen Kindern
vermitteln, die sie im Arm halten. Jede noch so beiläufige Kontaktaufnahme oder
Kommunikation kann durch Berührungen unterstützt (oder auch ganz ersetzt) werden.
Dies wird umso eher gelingen, je jünger die so Angesprochenen sind. Älteren Lernenden
können Rhythmen auf den Rücken getrommelt oder auf die Handfläche getippt werden,
auch der ganze Körper kann rhythmisch beklopft, gestrichen oder massiert
werden. Einen gewissen Grad an Vertrautheit vorausgesetzt, können innerhalb
einer Gruppe so intensive Eindrücke verschafft und Wohlbefinden ausgelöst
werden.
➢ Passives Erleben von Rhythmen – besonders durch Berührung – verschafft
eindrückliche Erfahrungen.
Voraussetzung für eine gelungene Ausführung von Rhythmen ist das
Unterscheidungsvermögen für die unterschiedlichen Qualitäten von Spannung und
Lösung: beide Qualitäten unterscheiden sich deutlich voneinander, bedingen sich jedoch
gegenseitig.
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