- 221 -Lehmann, Silke: Bewegung und Sprache als Wege zum musikalischen Rhythmus 
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Die Konfrontation mit dem Notentext beinhaltet eine Auseinandersetzung mit einem hochgradig abstrakten Zeichensystem. Die Benennung mit Rhythmussilben wirkt dabei als Brücke zur tatsächlich klingenden Gestalt. Der Notentext wird zwar kategorisiert und in unterschiedliche Notenwerte zergliedert, dies geschieht jedoch nicht primär rechnerisch. Dadurch, dass der Name der Rhythmussilbe zugleich eine kleine klingende Einheit darstellt, bleibt eine gewisse Anschaulichkeit erhalten. Das rhythmische Gerüst der Melodie kann mit Hilfe der Silben ohne größere motorische Beanspruchung musiziert werden. Nehmen die Kinder in einer späteren Unterrichtsphase die Instrumente zur Hand, wird viel Energie in die technische Umsetzung fließen – die rhythmische Gestalt tritt womöglich zunächst in den Hintergrund. Ein Grundstein für die innere Vorstellung des Liedrhythmus ist dann aber schon gelegt. Sind die instrumentaltechnischen Beanspruchungen besser geklärt, kann die Lehrkraft das Melodiespiel der Kinder stützen, indem sie mit Rhythmussprache begleitet, gleichzeitig eventuell auch mit einer begleitenden Klanggeste den Grundschlag mit vollzieht.

Sind die Kinder einigermaßen sicher in der Ausführung, sollen sie versuchen, die Melodie auswendig zu spielen. Wenn die Lehrkraft mitspielt, kann sie gute Orientierungshilfe geben.

Da das Lied zu Stundenbeginn als einprägsamer Gesamtzusammenhang vorgestellt wurde, ist darauf zu hoffen, dass die Melodie schon ein Stück weit im Gedächtnis der Kinder verankert ist. In einer Gruppe sind häufig sowohl Kinder anzutreffen, die sich gerne an Noten orientieren als auch Kinder, die lieber auswendig musizieren. Da beide Arten des Musizierens ihren Wert haben, sollte die Lehrkraft darauf achten, Schülerinnen und Schülern auch in dem Bereich zu fördern, der nicht sowieso schon der persönlichen Neigung entspricht. Das Wechseln zwischen noten-gebundenem und freiem Spiel in der beschriebenen Sequenz zielt in diese Richtung.

Zum Abschluss der Unterrichtssequenz soll wieder auf die Klinger zurückgegriffen werden, die zu Beginn zur Begleitung eingesetzt wurden. Sind die Kinder sicher genug in der instrumentalen Ausführung des Liedes, kann die Lehrkraft dazu mit Triangel oder Zymbel begleiten. Möglich ist in diesem Fall auch ein Teilen der Gruppe, so dass manche Kinder mit Melodieinstrumenten spielen, andere mit Klingern begleiten. Wenn das technische Fundament ein flüssiges Melodiespiel noch nicht zulässt, kann die Unterrichtseinheit so beendet werden, wie sie begann: die Lehrkraft musiziert die Melodie, die Kinder begleiten mit elementaren Instrumenten.

Im Laufe der Lernschritte sind die Kinder zunächst hörend mit einer musikalischen Gestalt im 8 6-Takt in Berührung gekommen, haben Erfahrungen mit dem begleitenden Grundschlag gemacht und schließlich die Ausführung eines komplexen Rhythmus in einer komplizierten Taktart zunächst über Rhythmussilben dann mit dem eigenen Instrument bewältigt. Abschließend soll die Musik mit ihrem komplexen Geflecht verschiedener Ebenen noch einmal intensiv erlebt werden. Es ist nicht wichtig, dass die Lernenden dabei den technisch anspruchsvollsten Part (das Spielen der Liedmelodie) ausführen. Auch wenn die Melodie ›nur‹ begleitet wird, entsteht ein nachhaltiger Eindruck, dessen Intensität für eine andauernde Speicherung im Gedächtnis sorgt. Während des häuslichen Übens oder in der nachfolgenden Unterrichtsstunde kann auf diesen Eindruck zurückgegriffen werden.


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