Mund oder auch das
Spüren von Enge und Druck hinterlassen einprägsame Erinnerungen. Auf den Arm
genommen, gewiegt und gestreichelt zu werden, Dinge anzufassen oder in den Mund zu
stecken oder in eine Klangkulisse einzutauchen vermittelt das vorgeburtliche
Gefühl der Geborgenheit. Gleichzeitig sind diese Erfahrungen Brücken zum früh
angelegten ›Wissens‹-Schatz: intellektuelle Entwicklung geschieht auf der Grundlage
sensorischer Differenzierung. Für Säuglinge so selbstverständliche Leistungen wie
die Identifizierung vertrauter Reize oder die Unterscheidung von Eindrücken
kann als kognitive Fertigkeiten gewertet werden – auf einem altersspezifischen
Niveau.
Sicher ließe sich auch umgekehrt argumentieren, dass die erste Lebenszeit durch einen
Mangel an selbstbestimmter Steuerungsmöglichkeit bezüglich Sprache und Bewegung
charakterisiert sei. Auf Grundlage des Wissens um die biologisch angelegten
Strukturen, die den Umgang mit differenzierten Mustern bezogen sowohl auf
Sprache als auch auf Bewegung von Lebensbeginn an vorsehen, kann jedoch
keineswegs von Unvermögen gesprochen werden. Rhythmen verschiedenster Art
sind von Lebensbeginn an fest im kleinen Menschen verankert. Auch wenn
beachtliche Anteile der Fähigkeit mit Rhythmus und Metrum umzugehen erst
allmählich heranreifen, stehen andere Bestandteile zur frühestmöglichen Nutzung
bereit.
➢ Festzuhalten sind für die Fähigkeiten im Umgang mit Rhythmus in den ersten
Lebensjahren
— ein äußerst differenziertes, offenes Wahrnehmungssystem,
— hohe Kommunikationsbereitschaft,
— große Bedeutung körpernaher Reize.
Die Erwachsenen
Das Angebot an eine Eltern-Kind-Gruppe kann nicht ausschließlich auf die Säuglinge
bzw. Kleinkinder ausgerichtet sein. Die Erwachsenen sind mindestens genau so
beteiligt wie die Kleinen, je jünger die Kinder sind, umso mehr sind die ›Großen‹
diejenigen, die durch ihr aktives Zutun die Stunden gestalten und prägen. Auch
für die Erwachsenen gilt die biologische Verankerung von Rhythmen in der
Existenz, auch sie haben einmal Sprache erworben und sind dabei differenziert mit
zeitlichen Informationen umgegangen, auch in ihrem Dasein gibt es rhythmische
Bewegung.
Während für Kinder gilt, dass eine Vielzahl von Funktionen noch heranreift, ist für
Erwachsene nicht davon auszugehen, dass Veränderungen im Laufe der Zeit von ganz
allein stattfinden. Tatsächlich stehen Motorik, Sensorik oder auch Kognition zwar
ausgereift zur Verfügung, gleichzeitig setzen Erwachsene ihre Fertigkeiten häufig nur
eingeschränkt dort ein, wo zielgerichtet Aufgaben der entsprechenden Lebenswirklichkeit
erledigt werden. Kommunikation findet beispielsweise eher auf einer sachlichen Ebene
statt, auf der die Mitteilung von Emotionen in den Hintergrund verbannt ist.
Erwachsene haben gelernt, ihre Gefühle zu kontrollieren oder gegebenenfalls zu
verbergen.
Der Alltag vieler Erwachsener ist geprägt durch einen eher passiven Umgang mit
musikalisch-rhythmischen Inhalten, Musikhören ist meist fester Bestandteil des
Tagesablaufes, aktives Singen oder Musizieren dagegen nicht. Sprache oder Bewegung
sind im Leben von Erwachsenen allein Mittel zum Zweck und weit entfernt