- 235 -Lehmann, Silke: Bewegung und Sprache als Wege zum musikalischen Rhythmus 
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Der Stundeneinstieg erfüllt vielfältige Funktionen. Er weckt die Aufmerksamkeit der Kinder, die Präsentation des Stundenthemas weckt Interesse. Die Kinder können eigene Kenntnisse einbringen und werden schnell in das Geschehen einbezogen, als Folge davon werden Kontaktaufnahmen angeregt. Der Kontakt wird im Begrüßungsvers noch dadurch intensiviert, dass die Ansprache rhythmisch geschieht, die gereimten, regelmäßigen Phrasen heben diese Kommunikation von der Alltagssprache ab. Darüber hinaus wird in der Begrüßung jedes Kind benannt und berührt und rückt so für einen Moment in das Zentrum der Aufmerksamkeit von Lehrkraft und Gruppe. Der Begrüßungsvers beinhaltet vergleichsweise komplexe Rhythmen (Synkope; punktierte Achtel mit Sechzehntel). Diese werden von den Kindern zunächst implizit aufgenommen, die Aufmerksamkeit richtet sich eher auf den Text. Die Gleichzeitigkeit von Hören und Spüren in Kombination mit dem Sprachklang vertieft die Rhythmuserfahrung und befördert so eine Speicherung im Gedächtnis. Teile von Text und Rhythmus der Begrüßung werden im später zu erarbeitenden Lied wieder auftauchen, dann kann auf den jetzt angelegten Gedächtnis-Inhalt zurückgegriffen werden.

Um später im Finsterwald vor dem gefährlichen Drachen gut geschützt zu sein, müssen die tapferen Ritter nun ihre (imaginären) Rüstungen anlegen. Die Lehrkraft befragt die Kinder danach, wie und wo Rüstungsteile angebracht werden sollen und macht eventuell noch eigene Vorschläge (Armschienen, Eisenhandschuhe, ein Kettenhemd, Schulterstücke, Beinschienen, Kniestücke, Eisenschuhe, einen Helm …). Die Kinder berühren die genannten Körperteile und ziehen sich pantomimisch Rüstungen an.

Diese gestischen Aktionen führen dazu, dass die Kinder Kontakt zu möglichst vielen Bereichen ihres Körpers finden. Körperkontakt mit sich selbst führt zu einer verstärkten Selbst-Wahrnehmung, die wiederum in eine erhöhte Konzentration münden kann. In schwierigen Gruppen, in denen Kinder (häufig Jungen) dazu neigen in alberne oder gar aggressive Verhaltensweisen auszuweichen, kann die Lehrkraft besondere Berührungsangebote machen: sie legt Rüstungsteile an (beispielsweise besonders nachdrücklich den Panzer am Rücken) und verschafft auf diese Weise intensive Körpererfahrungen. In manchen Gruppen kann angeregt werden, dass sich die Kinder gegenseitig beim Anlegen der Rüstungsteile helfen. Neben der physischen Stimulierung (die gleichzeitig eine psychische Stimulierung ist) bietet das imaginäre Verkleiden die Möglichkeit in eine Rolle zu schlüpfen: für viele Kinder wird es reizvoll sein, (fantasierte) Aspekte wie Stärke und Macht in der Figur des Ritters auszukosten.

Wenn alle ihre ›Rüstungen‹ vollständig angelegt haben, ermutigt die Lehrkraft die Kinder, sich damit zu bewegen. Aber Vorsicht – die metallenen Kleidungsstücke scheppern bei jedem kleinsten Schritt! Außerdem ist so eine Rüstung unglaublich schwer. Nachdem alle gemeinsam probiert haben, welche Bewegungen für Ritter möglich sind, bewegt sich nun jedes Kind einzeln vor der Gruppe: die Lehrerin untermalt die Bewegungen (entsprechend der Qualität) mit einem Schellenkranz. Ist jedes Kind einmal solistisch hervorgetreten, werden nun alle mit Schellenstäben, -kränzen oder -ringen ausgestattet. Nach einer Phase, in der die Kinder sich mit den Instrumenten vertraut gemacht haben, bewegt sich die Lehrkraft allein im


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