Eingebettet in die 24-Stunden-Rhythmik ist eine Vielzahl anderer periodischer
Körpervorgänge. Am bekanntesten unter den Tagesschwankungen beim Menschen
sind diejenigen von Körpertemperatur, Nebennieren-Funktion, Natrium- und
Kaliumausscheidung sowie Harnvolumen (vgl. Ganong 1971, S. 227). Jürgen Aschoff
(1966, S. 1594; 1998, S. 141) betont, dass der Körper zu jeder Tageszeit eine andere
physiko-chemische und psychische Struktur hat und demzufolge auf Reize oder auch
Medikamente anders reagiert. Störungen der circadianen Struktur können Hinweis auf
ernsthafte Krankheit sein oder umgekehrt Beeinträchtigungen verursachen. In einem
Versuch mit Fliegen, denen veränderte Licht- und Dunkelphasen Zeitverschiebungen wie
bei Ost-West-Reisen suggerierten, stellte sich heraus, dass deren Lebenszeit deutlich
reduziert wurde. Chronobiologen mahnen deswegen einen sensiblen Umgang mit
Rhythmusverschiebungen durch Ost-West-Flüge oder auch Schichtarbeit an (vgl. auch
Held/Geißler 1995).
Vom Sinn biologischer Rhythmen
Sinn und Zweck circadianer Programmierung wird bei einem Blick in die Tierwelt
deutlich. Genau wie Periodizitäten im zeitlichen Abstand von Mond- oder Jahreszeiten
dienen die circadianen Rhythmen einer Anpassung an die Umwelt. Alfred Meier-Koll
(1995) beschreibt, wie Falter – je nach Art – entweder in den frühen Morgenstunden
oder in der Abenddämmerung schlüpfen, um nicht so leicht Opfer von Fressfeinden zu
werden. »Endogene Zeitschalter, welche das Schlüpfen in die frühen Morgenstunden oder
den Abend verlegen, verhelfen somit einer größeren Anzahl von Faltern, über die erste,
gefahrvolle Phase ihres Lebens hinwegzukommen.« (ebd., S. 41f.). Im Gegensatz
zum instinktiven Verhalten von Tieren erreichte die Bewältigung zeitlicher
Umweltereignisse bei den Menschen Bewusstseinsqualität. Vorratshaltung für
die Winterzeit, richtige Zeitpunkte für Aussaat oder Ernte, die Beobachtung
von Tier- und Pflanzenwelt sicherte auch hier das Überleben. Ein Beispiel für
die Verknüpfung der Zeitstrukturen von Mensch und Tier ist der polynesische
Palolowurm, dessen Larven einmal im Jahr plötzlich in großen Schwärmen
in einem bestimmten Monat, bei einer bestimmten Mondphase und zu einer
bestimmten Zeit eines Tages im Wasser auftreten und dann nur wenige Stunden leben
(vgl. Sollberger 1972, S. 112). Die Einheimischen, für die der Ringelwurm eine besondere
Delikatesse darstellt, sind in der Lage, das Ereignis genau vorherzusagen und stehen
im richtigen Augenblick bereit, die größtmögliche Menge aus dem Wasser zu
fischen.
➢ | Die Anpassungsmöglichkeit mit Hilfe des internen Zeitgebers stellt eine
überlebenswichtige biologische Funktion dar. | |
Biologische Rhythmen als Resultat eines Systems verschiedener Oszillatoren
Nicht erst die genannten Beispiele machen deutlich, dass biologische Strukturen
rhythmisch (im Sinne von zyklisch wiederkehrend) geprägt sind. Es stellt sich jedoch die
Frage nach Art und Organisation dieser zeitlichen Steuerung. Aschoff geht davon aus,
dass Organismen von mehreren verschiedenen Zeitgebern gelenkt