- 114 -Menzel, Karl H.: PC-Musiker 
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Sicherlich ist ein auf diese Weise gestuftes Vorgehen im Homerecording erst interessant, seit elektronisch erzeugte Drumsounds in ansprechender Qualität verfügbar sind. Bereits zu analogem Aufnahme-Equipment gehörte nach Möglichkeit ein Drumcomputer, zumindest aber ein einfaches Rhythmusgerät. Bei der Arbeit mit dem PC kann hingegen problemlos auf qualitativ hochwertige, softwarebasierte MIDI-Sounds oder Drum-Samples zurückgegriffen werden, so dass auf externe Geräte oftmals verzichtet wird. Die höhere Speicherkapazität und bessere Programmierbarkeit üblicher Software-Sequenzer macht jedoch ein detailreicheres Rhythmusarrangement möglich, wenngleich diese Option bei den hier befragten Musikern unterschiedlich genutzt wird.

Aufgrund der Bedeutung, die die Arbeit an der Groove-Ebene oftmals im Kompositionsprozess einnimmt, lässt sich die von Ebbecke/Lüschper (1987, 201; vgl. Hemming 2002, 160f; Rosenbrock 2003a/b) angestellte Vermutung, dass »Stücke offenbar in den meisten Fällen von der Melodieführung her entstehen und nicht von der Rhythmik«, nur bedingt auf die PC-Musiker übertragen. Sie trifft zu bei den vom Instrument – was vorzugsweise bedeutet: von der Gitarre – her komponierenden Musikern. Bei ihnen herrscht mehr oder minder ›klassisches‹ Rock-Songwriting vor (wobei allerdings auch hier nicht immer zwischen Melodie, Harmonie oder Rhythmik als maßgeblichen Parametern beim Entstehen eines Songs unterschieden werden kann). In elektronischen Stilen, gerade wenn diese auf Tanzbarkeit hin ausgelegt sind, dominiert der Groove als Ausgangsbasis und primärer Inspirationsfaktor. (Diese Konzentration auf die Ebene des Grooves offenbart ein Paradoxon. Vorwiegend sind es eben nicht Schlagzeuger, sondern Gitarristen und Keyboarder, die mittels PC-Studio produzieren. Drum-Parts werden somit quasi ›fachfremd‹ programmiert. Drummer und Bassisten, die bei der hervorgehobenen Stellung des rhythmischen Elements hier eigentlich eher zu vermuten wären, finden hingegen kaum Zugang zum Musikmachen am Rechner.)

Als zweischneidig erweist sich der häufig anzutreffende, experimentelle Zugang zum Schaffen musikalischen Materials. Zum Reiz an dieser Vorgehensweise trägt sicherlich bei, dass das Medium Computer ein solches Arbeiten begünstigt, vielleicht sogar herausfordert: Auf der Soundebene stellt er ein Potenzial an Klängen und Klangsegmenten zur Verfügung, das sich schon aufgrund seiner Vielfalt oftmals nur experimentell erschließen lässt, das aber auch dazu verführen kann, sich im Hantieren mit vorproduzierten Sounds und Musikbausteinen zu verlieren. Auf der Ebene der Aufzeichnung liefert er eine mehr als genügende Anzahl von Spuren, was es möglich macht, Einspielungen auch versuchsweise zu tätigen ohne deren Wert und Sinnhaftigkeit im Voraus beurteilen zu müssen. Das kann aber gerade deshalb einem vorausdenkenden Herangehen an die Konzeption von Musik abträglich sein. Und auf der Bearbeitungsebene schließlich liefert der PC die Option, einmal Aufgenommenes auch im Nachhinein weitgehenden Veränderungen zu unterziehen, zu verwerfen oder neu zu kombinieren:

Das ist ja auch der Reiz, dass du auf der Festplatte deinen ganzen Song hast und kannst den wie einen Kartenhaufen beliebig durchmischen, ohne was kaputt zu machen. Das ist ja auch eine Form, mit der eigenen Musik umzugehen. Du machst nichts kaputt, du kannst es immer irgendwo abspeichern (Susanne M.).


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