Mittels eines einfachen Undo-Befehls ist es immer wieder möglich zur jeweiligen Last
Version zurückzugehen. Entsprechende Rechnerkapazität vorausgesetzt, lassen sich
›letzte Versionen‹ selbst in größerer Anzahl speichern. Vielfach wird diese Reversibilität
dazu genutzt, Arrangement-Ideen bezüglich ihrer Wirkung auszuprobieren oder
Alternativen zu erkunden. Komponieren erhält hier deutlichen Spielcharakter, ist
gleichsam Konstruktionsspiel und Regelspiel (vgl. Oerter 21997, 293ff; 298ff). Mit zum
Spiel gehört es, aus dem »Kartenhaufen« der möglichen Arrangementvarianten
auszuwählen (und z. B. aus den »zwanzig Versionen« eines Gitarrensolos eine
endgültige Fassung zusammenzusetzen). Wie sich bei einem Teil der Probanden
zeigt, besteht jedoch auch die Gefahr, auf der Ebene des unverbindlichen Spiels
stehen zu bleiben. So berichtet Stephan H. davon, wie er von ein und demselben
Grundbeat immer wieder neue Arrangements aufnahm, ohne dass dies in einem
zufriedenstellenden Ergebnis mündete. Anforderungen, die über die Ebene des
Spiel hinaus gehen und die eine weitergehende Beschäftigung mit musikalischen
Gestaltungsmöglichkeiten erfordert hätten, erwiesen sich in diesem Fall als zu
hoch.
8.2. MIDI-Praxis
In diesem und dem nachfolgenden Abschnitt soll der Einblick in die Produktionspraktiken
von PC-Musikern vertieft werden. Hier geschieht dies durch Untersuchung
MIDI-bezogener Fragestellungen. Gefragt wird, welche Eingabemedien und
Nachbearbeitungsebenen PC-gestützter MIDI-Sequenzer gewählt werden und
inwieweit die MIDI-Programmierung einen dem Instrumentalsspiel vergleichbaren
Stellenwert einnehmen kann. Schließlich wird mit der MIDI-File-Bearbeitung ein
Vorgehen beschrieben, welches, anders als das oben aufgezeigte, schichtweise
Konstruieren von Songstrukturen, auf der Variation vorgefertigte Arrangements
basiert.
8.2.1. Controller und Editor-Ebenen
Keyboard(er)-Paradigma mit Ausnahmen – Zur Auswahl externer MIDI-Controller
Prinzipiell bietet sich ein großes Spektrum an Controllern, mit denen MIDI-Daten in
Sequenzer eingegeben werden können. Nahezu jeder Instrumententypus kann
durch Hinzufügen geeigneter Konverter in ein MIDI-Instrument umgewandelt
werden. Ferner ist es möglich, nicht-instrumentengebundene Bewegungen in
MIDI-Daten zu wandeln. De facto ist von dieser Vielfalt kaum etwas zu bemerken:
»Eingespielt wird über die Tastatur. Die Tastatur ist der erste Punkt« (Pablo T.). Sie
bleibt wichtigstes externes Eingabemedium für MIDI-Daten, sei es in Form
eines Synthesizers, Samplers, Digitalpianos oder Master-Keyboards. Selbst die
vorwiegend mit Audio-Samples arbeitenden Oliver R. und Roland S. kommen
nicht umhin, zumindest gelegentlich auf ein Keyboard zurückzugreifen: »Wenn
man viel Melodien zu machen hat, muss man eine Tastatur haben« (Roland
S.).
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