- 12 -Menzel, Karl H.: PC-Musiker 
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musikalischer und klanglicher Strukturen während des Aufnahmeprozesses. Über die letztendliche Gestalt des Musikstücks entscheidet dann ein abschließender Abmischvorgang, in dem aus dem bisher geschaffenen Klangfundus ausgewählt und die einzelnen Spuren zu einem Gesamtklang zusammengefügt werden. Das Mehrspurstudio wird somit zum überdimensionalen Kompositionswerkzeug.

Quasi ein Bindeglied zwischen der Arbeit mit professioneller Tonstudiotechnik und der heute gängigen Arbeit am PC ist das Homerecording der 1970er, 1980er und beginnenden 1990er Jahre. Mit der Verfügbarkeit vereinfachter, für den Breitenmarkt konzipierter Mehrspurgeräte wurden Studiotechnologien zumindest ansatzweise auch Amateurmusikern zugänglich. Die Eigenproduktion von Musik im privaten Vier- oder Achtspur-Heimstudio wurde zum verbreiteten Phänomen. Bezüglich der künstlerischen Möglichkeiten, der Art und des Umfangs des Einsatzes technischer Medien und der sozialen Organisation entwickelte sich damit eine von bisherigen Musizierformen divergierende, neue Musikpraxis. Homerecording ist gleichsam Vorform als auch Grundmodell der Musikproduktion mit dem PC.

Dieses Kapitel betrachtet technologische, künstlerische und soziale Aspekte der Mehrspurtechnik wie auch ihre Wandlung zum Homerecording und die hiermit verbundene Einbindung in amateurmusikalische Betätigungsfelder. Diese Rückschau auf analoge Aufnahmeverfahren wurde gewählt, weil sich die Besonderheiten des Recordings mit dem PC nur bei Kenntnis der aus analoger Technik hervorgegangenen Produktionspraktiken und Organisationsformen verstehen lassen.

1.1.  Mehrspurtechnik

Grundlage der Mehrspuraufnahme (Multitrack Recording) ist die Klangaufzeichnung auf Bandmaterial, welches in synchron verlaufende, voneinander unabhängig be- und abspielbare Spuren unterteilt ist. Hierzu dient ein Aufnahmegerät, das für jede Spur eigene Schreib- und Wiedergabeköpfe bereitstellt. Prinzip des Mehrspurverfahrens ist die klanglich separierte Behandlung einzelner Stimmen, die dann in einem abschließenden Abmischvorgang zu einem einheitlichen Klanggebilde zusammengefügt werden. Mehrspurband ist vergleichbar einer Partitur angelegt, mit einer horizontalen Achse, die den zeitlichen Ablauf vorgibt, und einer vertikalen Achse, die den Zusammenklang der aufgenommenen Spuren umfasst (Gracyk 1996, 51). Die Aufnahme kann an jedem horizontalen oder vertikalen Punkt des Bandes beginnen, ist also weder an den zeitlichen Ablauf des Musikstücks gebunden, noch bedarf es der gleichzeitigen Anwesenheit aller Interpreten. Hieraus resultierendes Verfahren ist das Overdubbing, d. h. die sukzessiv erfolgende Aufnahme einzelner Spuren durch einen oder mehrere Musiker.


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