- 120 -Menzel, Karl H.: PC-Musiker 
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es eben auch möglich, ein Musikstück allein auf der Basis von Mausklicks zu erstellen oder step-by-step über eine Keyboard- oder Computertastatur einzugeben.

Von den im Rahmen dieser Studie interviewten Musikern wird von diesen Möglichkeiten durchgängig, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß, Gebrauch gemacht. Das direkte Einspielen einzelner Passagen – zumeist über MIDI-Keyboards – bleibt zwar nach wie vor im Mittelpunkt, trotz der von den Nicht-Keyboardern immer wieder angeführten Schwierigkeiten im Umgang mit diesem Controller. Insbesondere beim Erstellen von Schlagzeugspuren werden häufig aber auch softwarebasierte Eingabemöglichkeiten eingesetzt, wobei die grafische, pianorollengleiche Darstellungsebene des Matrix-Editors deutlich favorisiert wird. Demhingegen spielt die Eingabe mittels Standardnotation wie auch die verhältnismäßig schwer zu durchschauende Programmierung von MIDI-Events über den Listeneditor für die meisten Musiker eine vergleichsweise untergeordnete Rolle.

Unbestreitbar bringt die Arbeit mit MIDI für viele der interviewten Musiker neue musikalische Betätigungsmöglichkeiten. Gerade denjenigen mit wenig musikalischer Vorerfahrung oder nur spärlichen Kenntnissen im Instrumentalspiel bieten die grafischen Eingabeverfahren oder die Option der nachträglichen Korrektur unsauber eingespielter Passagen alternative Formen der Musikausübung. Barrieren bleiben dennoch bestehen. Mag das Programmieren akzeptabler Rhythmus-Patterns noch ohne größere Vorerfahrung zu bewerkstelligen sein, so gerät manch einer beim Ausarbeiten von Bläsersätzen oder solistischen Einlagen an seine Grenzen, wird hier doch neben der Fähigkeit zur Bedienung des Programms auch eine entsprechende musikalische Kenntnis voraus gesetzt.

Musikalisches Arbeiten mit MIDI, dies zeigen die angeführten Beispiele, ist – auch – Computerarbeit. Computerspezifische Probleme dringen demzufolge in den Umgang mit Musik ein und beeinflussen, wie und was letztendlich produziert wird. So lassen sich die von van Dijk (1993, 22ff) angestellten Überlegungen über die Folgen des Umgangs mit Multimedia-Software direkt auf die Musikpraxis mit dem PC übertragen. Van Dijk stellt eine Verlagerung weg von der direkten Erfahrung hin zu medial vermittelter Wahrnehmung fest. Dies betrifft auch Lernprozesse: An die Stelle des Lernens durch direct action im Umgang mit einem wie auch immer gearteten Gegenstand (ebd., 23), tritt demnach ein Lernen durch indirekt vermittelte, visuelle Modelle und symbolische Zeichensysteme. Gerade für die sich vielfach autodidaktisch (fort-)bildenden Amateurmusiker ist dies von Bedeutung. Die Hinwendung vom haptisch erfahrbaren Musikinstrument zum Bildschirmmedium Computer bringt diesen Verlust des unmittelbaren Zusammenhangs zwischen Ursache und Wirkung mit sich. Die über MIDI angesteuerten ›Instrumente‹ sind häufig nur in Form eines Klangs bekannt, welcher noch dazu in mehr oder minder stark synthetisierter Fassung vorliegt. Genauere Kenntnisse der den akustischen Originalen zugrunde liegenden Klangerzeugungprinzipien und der hiermit verbundenen Spieltechniken sind – mit Ausnahme des Drumsets – im Allgemeinen nicht vorhanden. Klangparameter werden nach Maßgabe visueller Darstellungen und der im MIDI-Code zugrunde gelegten Symbole und Befehlscodes gesteuert.

Die Folgen dieser Verlagerung hin zur Arbeit mit grafischen Ebenen sollen hier nur als Phänomen dargestellt und nicht unter künstlerischen Gesichtspunkten bewertet werden. Sie zeigen sich, wenn z. B. das körperorientierte Element Groove nun


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