Bearbeitungsverfahren musikalische Kontexte geformt werden. Fünf Strategien der
Beschaffung und Bearbeitung von Soundmaterial sollen hier näher beschrieben
werden:
Strategie 1: »Wir nehmen halt Samples von den Platten und machen ein anderes
Stück daraus.«
Mit diesen Worten bilanziert Roland S. sein Vorgehen. Mit Oliver R. und Roland sind
›Audiopiraten‹ am Werk, die sich beim Zusammenstellen ihres musikalischen Materials
bei Schallplatten- und CD-Aufnahmen bedienen. Dieses Verfahren, als Remix-Praxis
vom experimentellen bis hin zum kommerziellen Bereich der Musikproduktion genutzt
(vgl. u. a. Rose 1994; Wilson 1999, 58ff), basiert auf der ›Wiederverwertung‹ aus
Fremdproduktionen gesampleter Musikfragmente und deren Einfügen in neue
musikalische Zusammenhänge. Roland S. weiter:
Die Idee, das ist meistens der erste Loop. Ich höre den Loop irgendwo
und denke: »Hey, da mache ich ein Knallerstück draus!« [...] Es fängt
meistens mit einem Sample an. Man macht Samples von einem hübschen
Loop, von irgendeiner alten Disco-Platte. Und dann steht der Loop halt,
ein Gitarren-Loop oder so. Dann werden halt Drums dazu gemacht oder
irgendwelche anderen Samples dazu. Und so baut der Song sich meistens um
irgendein Sample auf.
Als Modell lässt sich ein dreischrittiges Vorgehen erkennen:
Schritt 1: Suche des Soundmaterials
Die Suche nach geeigneten Passagen ist häufig zielgerichtet, kann aber auch
zufallsbestimmt sein. Meist geht von der gesampleten Stelle schon beim ersten Anhören
eine Faszination aus, die Ideen für eine spätere Bearbeitung impliziert:
Das ist von so einer Jazz-Sampler-Platte, vom Blue-Note-Label. [...] Da hat
es mir halt eine Stelle angetan. Ich habe mir das irgendwann mal angehört
und habe einfach gedacht, das muss ich samplen und dann hat sich das so
entwickelt (Christian G.).
Da kommt eine Stelle, das war der Ansporn [...]. Da habe ich mir gedacht:
»Hey, das ist richtig geil! Das kann man super loopen und da was draus
machen« (Stephan H.)
Bemerkenswert ist, dass als Rohmaterial für die digitale Verarbeitung oft das analoge
Medium Schallplatte dient. Fast schon kultische Züge erreicht dies bei Roland S., in
dessen Wohnung sich Hunderte alter LPs stapeln. Aber auch andere Quellen finden
Verwendung, wie beispielsweise Filmmusiken: »Das ist von Louis de Funès, aus einem
Film. Vom Video gesamplet.«
Wichtig ist, dass die zu samplenden Stellen kurz und prägnant sind und nach
Möglichkeit immer nur ein Instrument zu hören ist:
Man sucht halt freie Stellen. Am Anfang des Liedes zum Beispiel, wenn nur
die Gitarre ohne Drums läuft (Roland S.).
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