- 18 -Menzel, Karl H.: PC-Musiker 
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Sound wurde im Studio konstruiert, ein bestimmter Sound oftmals zum Markenzeichen einer Band oder eines Produzenten. So schuf Phil Spector bei den von ihm produzierten Platten einen Wall of Sound, für den er »mehrfach überspielte Percussion-Sätze, schwere Drum-Schläge, Multi-Playback-Violinpassagen, Bläser-Gruppen, Piano-Blöcke, fette Baßbrocken [. . . und] zu Chören aufgeschichtete [. . . ] Sängerstimmen« (Graves et. al. 1998, 866) übereinander legte. Demhingegen zeichnete sich der Surf-Sound der früheren Beach-Boys-Aufnahmen durch eine scheinbare Einfachheit des Arrangements aus, die Assoziationen an die von den Songs suggerierte Leichtigkeit des Westcoast-Strandlebens auslösen sollte. Typisches Merkmal des Psychedelic Sounds von Pink Floyd war die Verwendung von elektronisch erzeugten Klängen und klangverfremdenden Effekten, welche die Musik mitunter wie die Illustration eines Drogentrips erscheinen ließen. Die Pop- und Rockhistorie ist voll weiterer Soundstile, die, im Nachhinein betrachtet, häufig Aufschluss über das zur jeweiligen Zeit technisch Machbare und über die jeweiligen Soundmoden geben. Der Sound vieler Bands oder Einzelinterpreten änderte sich demgemäß im Laufe der Zeit. So lassen sich bei den Aufnahmen der Rolling Stones, auch wenn diese immer nach den Stones klingen, stets Soundanleihen an jeweils aktuelle Strömungen erkennen: von den adaptierten Psychedelic-Klängen der ausgehenden 1960er Jahre auf Their Satanic Majesties Request (1967) bis hin zu den an Elemente des Disco-Sounds angelehnten Einspielungen wie Miss You (1978 – ebenfalls erschienen als zeitgemäße Maxi-Abmischung) und Emotional Rescue (1980). Neueren Aufnahmen wie Voodoo Lounge (1994) und Bridges to Babylon (1997) merkt man durchaus ihr Entstehen im Zeitalter der Digitaltechnik an.

Die Aufnahme als akustische Hyper-Realität

Nur selten geben Rock/Pop-Aufnahmen eine tatsächlich zum Zeitpunkt der Einspielung als Einheit erklingende musikalische Darbietung wieder.7

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Selbst Live-Mitschnitte werden oftmals nachträglich nicht nur in klanglicher Hinsicht bearbeitet: Sie werden geschnitten und einzelne Teile durch Überspielungen ersetzt.
Gängige Aufnahmepraxis ist es vielmehr, vom Rhythmus- oder Harmoniefundament ausgehend, die Struktur eines Songs nach und nach aufzubauen – sei es auf der Grundlage vorab gefertigter Arrangements oder, wie oben beschrieben, durch Experimentieren und Improvisieren im Studio. Die Aufnahme gerät somit zum medial realisierten Konstrukt musikalischer Struktur (vgl. Blaukopf 1994), zu einer Art »audio-hyper-reality« (Lysloff 1997, 211): »Am Ende ergibt sich eine musikalische Textur, für die es ein ganzheitliches ›Original‹ nie gegeben hat« (Schlemm 1997, 1544) Zum Wesen dieser akustischen Hyperrealität gehört es, dass sie die Geschichte ihres Entstehens verschleiert und im Moment des Hörens ungeachtet ihrer Zusammensetzung aus einer Vielzahl einzelner Aufnahmefragmente als Einheit daher kommt. Théberge (1989) folgend lassen sich drei Ebenen ausmachen, die der Konstruktion dieser Hyperrealität zugrunde liegen: eine räumliche, eine zeitliche und eine soziale Ebene:
  • Was sich beim Hören einer Aufnahme als stereophoner Raumklang darstellt, spiegelt nicht die reale Aufstellung von Musikern und Instrumenten zum Zeitpunkt der Aufnahme wider. Um den größtmöglichen Spielraum für die spätere

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