die Musik hinauslaufen könnte« (ebd.). Es ist
eher improvisatorisch, von spontaner Kreativität, Experimentierfreudigkeit und
Zufall bestimmt. Effektgeräte und Techniken zur nachträglichen Manipulation
des Aufgenommenen werden häufiger genutzt. Interessant ist, dass sich bei
den Autodidakten im Zuge der Beschäftigung mit dem Homerecording eine
ausgeprägte Bereitschaft zum Erlernen weiterer Musikinstrumente erkennen
lässt, während die Notisten bei dem bereits beherrschten Instrumentarium
bleiben. Die Instrumentenwahl bei der Aufnahme ist hingegen in beiden Gruppen
vorzugsweise von der Verwendung elektronischer Klangerzeuger geprägt. Bis auf
einen Fall »sind die akustischen Instrumente weitgehend in den Hintergrund
gedrängt worden« (ebd.). Auch stellt Wernicke eine Tendenz zu solistischen
Arbeitsweisen fest. Weitere Instrumentalisten oder Sänger werden, wenn überhaupt, erst
zu einem späteren Zeitpunkt mit einbezogen und haben eher den Status von
Gastmusikern.
1.3. Resümee
Mit der Etablierung der Mehrspurtechnik wurde die Musikaufnahme vom reproduktiv
zum produktiv ausgerichteten Medium – mit Folgen für die Aufnahmepraxis, aber
auch für die Rezeption und die Darbietung von Musik. Zugleich stieg der Grad
der Mediatisierung des Aufnahmevorgangs. Zwischen den spielerischen oder
gesanglichen Beitrag der beteiligten Musiker und die fertige Aufnahme rückte der
Einsatz einer Vielzahl technischer Mittel und Produktionsprozesse. Erfolgreiches
Arbeiten setzte nun auch Kenntnisse und Fertigkeiten im Umgang mit den
Aufnahmegerätschaften voraus. Dahingegen verlor das Können der Interpreten oftmals
an Bedeutung. Die eingespielte Musik wurde oft zum bloßen Rohmaterial, nachgelagerte
Editierprozesse hingegen zum entscheidenden Faktor für die Gestalt des Stücks (welche
durch spätere Remixes immer wieder verändert werden konnte). Insbesondere in
der Rock- und Popmusik kristallisierte sich ein Vorgehen heraus, bei dem das
Neuschaffen von Musik zum zentralen Bestandteil der Studioarbeit wurde,
das also das Tonstudio als eine Art überdimensionales Kompositionswerkzeug
nutzte.
Stand der Zugang zu gehobener Studiotechnik nur einem begrenzten Kreis
zahlungskräftiger, meist professioneller Künstler offen, so war doch auch in der
Amateurszene ein reges Interesse an einer Partizipation an den professionellen
Produktionsverfahren vorhanden. Zudem war die Industrie daran interessiert, einen
neuen Markt für Studiotechnologie im Bereich der consumer electronics zu
erschließen. Mit den ab 1972 erhältlichen und speziell für Privatanwender konzipierten
Vierspur-Geräten ließen sich professionelle Aufnahmetechniken zumindest ansatzweise
auch außerhalb kommerzieller Studios realisieren. Für Amateurbands wurde es möglich,
vorzeigbare Demo-Tapes in Eigenregie zu produzieren. Das Prinzip des schichtweisen,
oftmals experimentellen Erstellens von Songstrukturen und Arrangements mittels
Overdubbing, mittlerweile zum grundlegenden Kompositionsverfahren vieler
professioneller Stückeschreiber geworden, war nun auch Nicht-Profis zugänglich. Auch
wurde das Musizieren im eigenen Studio für manch einen Musiker zur ernsthaften
Alternative zum Mitwirken in einer Band. Doch auch wenn die Werbung
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