- 28 -Menzel, Karl H.: PC-Musiker 
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die Musik hinauslaufen könnte« (ebd.). Es ist eher improvisatorisch, von spontaner Kreativität, Experimentierfreudigkeit und Zufall bestimmt. Effektgeräte und Techniken zur nachträglichen Manipulation des Aufgenommenen werden häufiger genutzt. Interessant ist, dass sich bei den Autodidakten im Zuge der Beschäftigung mit dem Homerecording eine ausgeprägte Bereitschaft zum Erlernen weiterer Musikinstrumente erkennen lässt, während die Notisten bei dem bereits beherrschten Instrumentarium bleiben. Die Instrumentenwahl bei der Aufnahme ist hingegen in beiden Gruppen vorzugsweise von der Verwendung elektronischer Klangerzeuger geprägt. Bis auf einen Fall »sind die akustischen Instrumente weitgehend in den Hintergrund gedrängt worden« (ebd.). Auch stellt Wernicke eine Tendenz zu solistischen Arbeitsweisen fest. Weitere Instrumentalisten oder Sänger werden, wenn überhaupt, erst zu einem späteren Zeitpunkt mit einbezogen und haben eher den Status von Gastmusikern.

1.3.  Resümee

Mit der Etablierung der Mehrspurtechnik wurde die Musikaufnahme vom reproduktiv zum produktiv ausgerichteten Medium – mit Folgen für die Aufnahmepraxis, aber auch für die Rezeption und die Darbietung von Musik. Zugleich stieg der Grad der Mediatisierung des Aufnahmevorgangs. Zwischen den spielerischen oder gesanglichen Beitrag der beteiligten Musiker und die fertige Aufnahme rückte der Einsatz einer Vielzahl technischer Mittel und Produktionsprozesse. Erfolgreiches Arbeiten setzte nun auch Kenntnisse und Fertigkeiten im Umgang mit den Aufnahmegerätschaften voraus. Dahingegen verlor das Können der Interpreten oftmals an Bedeutung. Die eingespielte Musik wurde oft zum bloßen Rohmaterial, nachgelagerte Editierprozesse hingegen zum entscheidenden Faktor für die Gestalt des Stücks (welche durch spätere Remixes immer wieder verändert werden konnte). Insbesondere in der Rock- und Popmusik kristallisierte sich ein Vorgehen heraus, bei dem das Neuschaffen von Musik zum zentralen Bestandteil der Studioarbeit wurde, das also das Tonstudio als eine Art überdimensionales Kompositionswerkzeug nutzte.

Stand der Zugang zu gehobener Studiotechnik nur einem begrenzten Kreis zahlungskräftiger, meist professioneller Künstler offen, so war doch auch in der Amateurszene ein reges Interesse an einer Partizipation an den professionellen Produktionsverfahren vorhanden. Zudem war die Industrie daran interessiert, einen neuen Markt für Studiotechnologie im Bereich der consumer electronics zu erschließen. Mit den ab 1972 erhältlichen und speziell für Privatanwender konzipierten Vierspur-Geräten ließen sich professionelle Aufnahmetechniken zumindest ansatzweise auch außerhalb kommerzieller Studios realisieren. Für Amateurbands wurde es möglich, vorzeigbare Demo-Tapes in Eigenregie zu produzieren. Das Prinzip des schichtweisen, oftmals experimentellen Erstellens von Songstrukturen und Arrangements mittels Overdubbing, mittlerweile zum grundlegenden Kompositionsverfahren vieler professioneller Stückeschreiber geworden, war nun auch Nicht-Profis zugänglich. Auch wurde das Musizieren im eigenen Studio für manch einen Musiker zur ernsthaften Alternative zum Mitwirken in einer Band. Doch auch wenn die Werbung


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