- 143 -Müßgens, Bernhard: Musik und Angst 
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3.   Kammeroper Weiße Rose von Udo Zimmermann


3.1 Entstehung und dramaturgische Konzeption


Der 1943 in Dresden geborene Komponist Udo Zimmermann schreibt 1966/67 im Auftrag der Dresdner Musikhochschule innerhalb von fünf Monaten eine Oper mit dem Titel Weiße Rose. Das Werk soll von Studenten aufgeführt werden. Ingo Zimmermann, der Bruder des Komponisten, verfaßt das Libretto. Er lehnt sich an Bertolt Brechts Episches Theater an. In der Stunde vor ihrer Hinrichtung erinnern sich die Geschwister Scholl an Stationen ihres Lebens. Über seine erste Oper Weiße Rose schreibt Udo Zimmermann 1988:


Der Stoff war nur vom Dokumentarischen her in Griff zu kriegen. Was eine gute Opernfabel braucht, hatte er nicht; es gab keinen Gegenspieler als handelnde oder singende Figur - der eigentliche Gegenspieler war die Umwelt, der Faschismus. Die Widerstandsgruppe hatte keinen Verräter, sie war moralisch eine Einheit und mußte so in das Stück übernommen werden. Der Kampf mit dem Gegenspieler "Umwelt" wird in verschiedenen relativ selbständigen Stationen geschildert. Die Dramaturgie war - wie ja stets - vom Inhalt abhängig; ich glaube, man hätte es gar nicht viel anders machen können.

(U. Zimmermann, "Siebzig Blicke auf meine Musik" 318)


Bis in die frühen sechziger Jahre hinein sind politisch motivierte Kantaten für die Musik der DDR kennzeichnend. Auch Zimmermanns Oper Weiße Rose steht der Kantate oder dem Oratorium nahe. Das Werk erhält etwa acht Inszenierungen an verschiedenen Bühnen der DDR. In Frankfurt an der Oder wird es ohne Bühnenbild und Dekorationen in einer Kirche aufgeführt: eine Fassung, die der Charakteristik der Oper nach Zimmermanns Überzeugung am weitesten entgegenkommt. Eine Version von 1968 für das Mecklenburgische Staatstheater Schwerin vereinheitlicht die Dramaturgie und fügt "Momente des Zeitstillstands" ein. In ihnen entstehen "Blicke in das Innenleben" der Personen, die die außergewöhnliche menschliche Situation verdeutlichen und so den Gesang motivieren und glaubhaft machen (Vgl. Zimmermann, "Siebzig Blicke" 318).

     Auf der Grundlage eines neuen dramatischen Entwurfs bearbeitet Udo Zimmermann 1985 dasselbe Thema. Die Ausgangssituation bleibt gleich: Gedanken, Erinnerungen und Empfindungen von Hans und Sophie Scholl in der Stunde vor ihrer Hinrichtung. Vollkommen neu ist die dramaturgische Konzeption. Sie beruht auf den


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