- 180 -Müßgens, Bernhard: Musik und Angst 
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Am zweiten Osterfeiertag 1966, durch unverantwortliche Schlamperei eines Hüttenmeisters, unterlag mein einziger Neffe in der Hütte seines Heimatortes in Polen bei einer Stahlhochofenexplosion den Verbrennungen dritten Grades. Die Tiefe dieser Tragödie beruhte noch tückischerweise darin, daß seine Mutter, um - in ihrem Glauben - jede mögliche Überlebenschance zu nutzen, seine Tag und Nacht dauernde Pflege im Krankenhaus übernommen hat. Dadurch hat sie sein Leben, aber auch seine Qualen über sechs Wochen verlängert. Es war ausweglos! Das Erlebnis seines tragischen Todes hat für mich heute ohne Zweifel entscheidend bei den Klangvorstellungen mitgewirkt, obwohl ich mir dessen beim Komponieren nicht bewußt war.

(Weber, "Interview mit Witold Szalonek" 5)


Die Komposition spiegelt allein die innere Befindlichkeit. Den äußeren Anlaß verschweigt sie. Szaloneks Musica concertante und die Mala symfonia B-A-C-H sind über das Motiv ihrer Entstehung hinaus Träger einer sprachähnlich-objektiven Aussage im Sinne Max Kommerells: Nach Kommerell kann man "die Situationen des menschlichen Lebens vollkommen vom einzelnen Ich loslösen und zu einer Reihe verbinden, die zu durchlaufen der menschlichen Seele bestimmt ist und die unabhängig von der einzelnen Seele besteht" (Kommerell, Gedanken über Gedichte 29).


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