- 182 -Müßgens, Bernhard: Musik und Angst 
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In mehreren Bearbeitungen entsteht das Buch Josua als Bestandteil des deuteronomistischen Geschichtswerks (Vgl. Schwienhorst, Eroberung Jerichos 11).

     Die Bundeslade, die dem nachfolgend zitierten Text zufolge zwischen der gerüsteten Vorhut und den sieben die Widderhörner blasenden Priestern um die Stadt Jericho getragen wird, gilt als vordeuteronomistischer Zusatz zur frühsten Textschicht. Als später Zusatz wird die komplizierte Marschordnung "mit der kampfgerüsteten Abteilung als Vorhut, der Nachhut und den der Lade voranziehenden sieben Priestern mit den sieben Widderhörnern" beurteilt. Die geblasenen Widderhörner selbst ("Schall des Schofar") sind älter. Sie gehen auf die Grundschicht des Textes zurück. Von den Priestern, welche die Widderhörner blasen, ist in jenem Grundbestand des Textes noch nicht die Rede (Vgl. Schwienhorst 11).

     Eine weitere mögliche Textdeutung betrachtet die kultische Begehung als zentral. Sie geht von zwei in Josua 6 enthaltenen Textquellen aus, die als kultische Ritualerzählungen mit dem sieben Tage andauernden Mazzatfest von Gilgal verbunden sind. Auch Josua 6 berichtet von einer sieben Tage dauernden Umgehung der Stadt Jericho. Daß Verbindungen zu den sieben Umgängen des Zentrums im klassischen Labyrinth vom siebengängigen kretischen Urtyp möglich und wahrscheinlich sind, soll hier nur angedeutet werden *. Bundeslade und Posaunen finden sich in beiden der von jener Hypothese angenommenen Textquellen wieder. Die erste Quelle gibt die Dauer der Umgehung Jerichos an. Die zweite bewahrt die Ordnung und den Weg der Prozession (Vgl. Schwienhorst 12).

     Auf der Grundlage des Textes der Biblia Hebraica Stuttgartensia bietet Schwienhorst eine Übersetzung an. Die verschiedenen Entstehungsschichten werden durch unterschiedliche Drucktypen gekennzeichnet. Der folgende Textausschnitt wählt der leichteren Lesbarkeit wegen Zahlen in Klammern mit der Bedeutung

(1) für die "Grundschicht",

(2) für die "Jehowistische Erweiterung",

(3) für die "erste deuteronomistische Erweiterung",

(4) für die "zweite deuteronomistische Erweiterung",

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* Hermann Kern berichtet von einer vom 9. bis zum 19. Jahrhundert dokumentierten Tradition sogenannter Jericho-Labyrinthe. Sie sind für das römisch-katholische Westeuropa, das griechisch-orthodoxe Byzanz und für den jüdisch-syrischen Raum nachgewiesen. In ihnen erscheint die Stadt Jericho je nach Traditionslinie als Zentrum eines Labyrinth (in der Regel vom siebengängigen kretischen Urtyp) oder als siebengängiges Labyrinth selbst. Häufig ist von der "Mondgestalt" Jerichos die Rede. Die jüdische Tradition beschränkt sich weitgehend auf die Darstellung sieben konzentrischer Mauern. Der Schwerpunkt der Darstellungen liegt im Gegensatz zu den eigentlichen Jericho-Labyrinthen auf der Schutzfunktion der Mauern (Vgl. Kern, Labyrinthe 182-206).


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