- 185 -Müßgens, Bernhard: Musik und Angst 
  Erste Seite (I) Vorherige Seite (184)Nächste Seite (186) Letzte Seite (215)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 



und die Mauer fiel in sich zusammen,

und das Volk ging hinauf in die Stadt, ein jeder an seiner Stelle,

und sie nahmen die Stadt ein (...).

(Schwienhorst, Die Eroberung Jerichos 23-27)


Im Rahmen einer weiterführenden Motiv- und Traditionskritik untersucht Schwienhorst die Wortverbindung "Schall des Schofar" im gesamten Alten Testament. Außer im sechsten Kapitel des Buches Josua findet sie als Alarmzeichen Verwendung zur Warnung vor einem feindlichen Angriff in Jeremias 6,17, Ezechiel 33,4 f., Nehemia 4,14, als Begleitumstand des Krieges in Amos 2,2, Jeremias 4,19; 4,21; 42,14 und in Ijob 39,24, im Zusammenhang des Kults bei der Überführung der Lade in 2 Samuel 6,15 und 1 Chronik 15,28, im Gottesdienst in 2 Chronik 15,14; 1 Makkabäer 4,40, als Begleitumstand der Gotteserscheinung (Theophanie) in Exodus 19,16.19 und 20,18 sowie als Proklamationslärm beim Königszeremoniell in 2 Samuel 15,10 und 1 König 1,41 (Vgl. Schwienhorst, Eroberung Jerichos 47-48).

     Die Bedeutung des Schofarblasens als Signal und als Musik findet ihre Bestätigung in der Analyse weiterer Wortverbindungen. Ursprünglich gehören die Bedeutungskreise "Signal" und "Musik" nicht zusammen. Die spätere theologische Konzeption des Chronisten verbindet sie miteinander. Schwienhorst möchte im besonderen der Vorstellung entgegenwirken, daß kriegerische Handlungen im alten Israel eine kultische Bedeutung haben. So ist das Schofarblasen im Krieg "Zeichen zum Aufgebot, zum Angriff und zur Beendigung des Kampfes". Der überraschende Angriff kann beim Feind "panikartige Verwirrung auslösen und so den Kampf entscheiden". Das Schofarblasen ist demnach "kriegerisch-taktisches Mittel". Es dient dazu, den Feind durch Überraschungseffekt zu besiegen. Nach Schwienhorsts Vermutung bietet diese Erfahrung den Anlaß, den Sieg durch Überraschungseffekt als


"jahwegewirktes Wunder zu interpretieren und zu erzählen (Ri 7,15-21). Im weiteren Verlauf der Überlieferung solcher Erzählungen trat dann die ursprünglich militärische Funktion des Schofar-Blasens völlig in den Hintergrund. Das Blasen des Schofar, beziehungsweise der Trompeten, wurde (...) als ein Erinnerungszeichen für Jahwe verstanden, dem bedrohten Volk zu Hilfe zu eilen und allein durch sein Eingreifen den Kampf zu entscheiden (Num 10,9). Diese theologische Konzeption findet sich vor allem in der Chronik (2 Chr 13,22).

Als Musik gehört das Schofar-Blasen ... in den Bereich des Kultes. Hier war es musikalische Begleitung des Gottesdienstes. In nachexilischer Zeit trat die Trompete (...) an die Stelle des Schofar. Durch das Blasen des Schofar beziehungsweise der Trompete brachte die Gemeinde sich bei Gott in Erinnerung (Num 10,10; Sir 50,16).

(Schwienhorst, Die Eroberung Jerichos 48)


 INHALTSVERZEICHNIS


Erste Seite (I) Vorherige Seite (184)Nächste Seite (186) Letzte Seite (215)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 185 -Müßgens, Bernhard: Musik und Angst