- 52 -Müßgens, Bernhard: Musik und Angst 
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durchläuft eine vorgeschriebene Farbskala. Der Mann sieht den Arbeitern zu, die in realistischen Arbeitskostümen verschiedene handwerkliche Tätigkeiten verrichten. Ein Gedanke entsteht in ihm. Er geht auf den Ambos zu und spricht zu den Arbeitern: "Das kann man einfacher", hebt ein Stück Gold vom Boden auf, legt es auf den Ambos und ergreift den schweren Hammer (Schönberg, Die glückliche Hand 24-25). Die Arbeiter drohen, sich auf ihn zu stürzen. Mit einem leichten Schlag auf den Ambos schafft er ein Diadem. Der Ambos spaltet sich und das Gold verschwindet. Die Arbeiter erstarren. Der Mann wirft ihnen, da sie ihn neuerlich bedrohen, lachend das Diadem entgegen. Er dreht sich um und beachtet sie nicht. Indem er sein Schwert aufhebt, verdunkelt die Grotte sich, der Wind setzt ein und das berühmte Klang- und Farbencrescendo beginnt. Während das Licht von schwachem Rot über Braun, schmutziges Grün, dunkles Blaugrau, Violett, Dunkelrot, Blutrot und Orange bis zum "schreienden Hellgelb" wechselt, das schließlich von allen Seiten auf die zweite Grotte fällt, verkrampft der Mann zusehends. Sein Kopf erscheint, als wenn er platzen würde.

     Nach dem Ende des Sturms hüpft das halb entkleidete Weib von links in die nun mit mildem Licht ausgeleuchtete zweite Grotte. Der Herr kommt ihr von rechts entgegen und winkt mit dem fehlenden Kleidungsstück. Der Mann krümmt verzweifelt


die Finger zu Krallen, preßt die Arme an den Leib, biegt die Knie nach vorn aus und beugt den Oberkörper nach hinten. Wie der Herr mit dem Kleiderfetzen winkt, wirft er sich mit einem Ruck herum und fällt auf die Knie, dann auf die Hände und trachtet auf allen Vieren in die Grotte zu gelangen, kann aber nicht hinauf.

(Schönberg, Die glückliche Hand 38-42)


Das Weib springt aus der verdunkelten Grotte, findet die Kleider, die der Herr zuvor mit einer gleichgültigen Geste in die Nähe des Mannes warf, und legt sie an. Der Mann umwirbt sie neuerlich, nähert sich ihr auf den Knien. Sie flieht auf den Felsen neben der Schlucht und stößt mit dem Fuß einen Felsbrocken auf ihn nieder. Der Fels leuchtet von innen auf und erinnert nun an das Fabeltier des ersten Bildes. Die laute Musik und das höhnische Lachen vom Ende des ersten Bildes werden hörbar.

     Nach der Verwandlung zum vierten Bild erscheint wieder der Chor. Die Gesichter sind nun graublau beleuchtet. Der Chor beginnt: "Mußtest du's wieder erleben, was du so oft erlebt? Mußtest du? Kannst du nicht verzichten? Nicht dich endlich bescheiden? Ist kein Friede in dir? Noch immer nicht? ..." Mit Pauke und Harfe setzt der Herzschlag des Mannes ein. Die Stimmen ermahnen ihn aufs neue und geben ihr Mitleid zu erkennen. "In das Graublau, das auf die Gesichter fällt, mischt sich etwas


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