(1948, 1949,
1950) Hinweise darauf, dass die von Schizophrenen bei akustischen Halluzinationen
»wahrgenommenen« Stimmen durch die unbewusste verdeckte Aktivität des eigenen
Stimmapparates des Halluzinierenden zustande kommen könnten. Die Aktivität der
Sprechmuskulatur war bei sprachlichen Halluzinationen schizophrener Patienten mitunter so
intensiv, dass dabei in Erscheinung tretende Lautäußerungen mit Hilfe eines Stethoskops
oder eines empfindlichen Mikrophons gehört werden konnten. Ralph F. Hefferline und
Thomas B. Pereras (1963) sowie Frank J. McGuigan (1973) zeigten experimentell, dass
unbewusstes verdecktes Sprechen und die daraus resultierende propriozeptive Aktivität auch
bei Gesunden interne Stimmen bzw. auditive Halluzinationen oder Klangvorstellungen
generieren kann.
Nach einer Theorie von Salomon S. Stricker (1880; 1885) existiert eine auditive
Repräsentation eines Sprachklangs nur in dem Maße, in dem wir die diesem Klang
entsprechenden motorischen Impulse empfinden. Demnach kommt z. B. erst in dem Moment
eine klangliche Vorstellung des Konsonanten »P« zustande, in dem sich der entsprechende
motorische Impuls auswirkt. Wollen wir diese Repräsentation länger aufrechterhalten, ist es
nach Stricker notwendig, diesen Impuls beständig zu erneuern. Er sah seine Theorie
auch auf musikalische Repräsentationen anwendbar (vgl. 1885, S. 2, 165ff.). In der
musikpsychologischen Literatur finden sich weitere Theorien zur Notwendigkeit eines inneren
Singens für die musikalische Klangvorstellung. In einer von Marie Agnew (1922)
durchgeführten Befragung unter Musikern und Psychologen zur musikalischen
Klangvorstellung wiesen vor allem die Psychologen in freien Texten auf eine dominante Rolle
motorischer Prozesse hin. Den Aussagen der Probanden zufolge waren ihre musikalischen
Repräsentationen abhängig von motorischen Prozessen im Stimmapparat. Zur
Veranschaulichung sollen einige ausgewählte Auszüge aus den introspektiven Berichten
dienen:
»I am predominantly of the motor type. If kinaesthesis is inhibited, I totally
lack auditory imagery.« »I doubt if I hear the imaginary music at all when I
don’t hum or keep time with my breathing or other muscular movements.« »My
musical imagery is vocal. I do not have auditory imagery at all.« »The tones
seem to be represented by a sort of kinaesthetic image. The higher tones by
a sort of tensing of muscles of neck and cheeks.« »I can get a clear image of
the tone of any instrument or voice, only when I aid my imagination by actual
movements of the vocal chords.« »Never quite certain that the clearness of the
auditory image is not in part due to voco-motor re-enforcement.« (nach Agnew
1922, S. 274ff.).
Ähnlich lautende Thesen zur Bedeutung musikalischer Klangvorstellung wurden auch von
James Mainwaring (1933, z. B. S. 291, 297) geäußert.
Diese Introspektionen enthalten neben Theorien zur Abhängigkeit der Klangvorstellung
von der Muskulatur des Stimmapparates auch Gedanken zur Kodierung der Tonhöhe
durch kinästhetische Information, auf die im nächsten Kapitel eingegangen wird.
Als weitere denkbare Funktionen motorischer Prozesse wurden hier Aspekte der
Verbesserung der Qualität (Lebhaftigkeit, Deutlichkeit) der Klangvorstellung bzw. deren
Verstärkung genannt. Hugo Münsterberg (1900), Flow Margaret Washburn (1914) und
B. M. Teplov (1966) sahen ebenfalls einen positiven Zusammenhang zwischen der
Lebendigkeit/Deutlichkeit der Vorstellungs- bzw. Bewusstseinsinhalte und der Stärke
motorischer Erregung.
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