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Dabei handelt es sich um ein von Lew Sergejewitsch Termen (1896–1993) um 1920 erfundenes elektronisches Musikinstrument, das auf Bewegungen der Hände im Raum reagiert und berührungsfrei gespielt wird (siehe auch Ruschkowski 1998, S. 23ff). Es weist eine waagrechte gebogene und eine gerade senkrechte Antenne auf. Nähert man sich mit der Hand (oder einem anderen Körperteil) der senkrecht stehenden Antenne, kann man über einen an das Gerät angeschlossenen Verstärker (bzw. über aktive Lautsprecher) einen zunehmend höher werdenden (monophonen) Ton wahrnehmen.

Der Ton wird mit Hilfe zweier Hochfrequenzoszillatoren erzeugt, wobei einer eine konstante Frequenz von ungefähr 285 kHz produziert. Der zweite, variable Oszillator schwankt im Bereich zwischen 282 und 285 kHz. Die Differenzfrequenz beträgt zwischen 0 und 3 kHz und liegt somit im Gegensatz zu den zuvor genannten Frequenzen im hörbaren Bereich. Die Tonhöhenantenne bildet zusammen mit der Hand des Spielers einen Kondensator, dessen Kapazität mit zunehmender Annäherung der Hand an die Antenne größer wird. Dies wiederum bewirkt die Absenkung der Frequenz des variablen Oszillators um bis zu 3 kHz, woraus sich ein Tonumfang von ca. 5 Oktaven ergibt (ca.: C bis c4) (Bedienungsanleitung von Big Briar, Inc., 1996, S. 1; 3).11

11 Die Lautstärkeregelung über die waagrechte gebogene Antenne funktioniert nach einem ähnlichen Prinzip und soll hier nicht näher beschrieben werden.

Der erzeugte Ton ist in den mittleren Lagen zunächst arm an Obertönen und ähnelt einem reinen Sinuston. Die höchsten spielbaren Töne haben den Charme eines durch Rückkopplung entstandenen Störtons. Bei den tiefsten Tönen hört man jede einzelne Schwingung in Form eines sonoren synthetischen Knarrens. Die Klangfarbe kann allerdings über zwei an der Front des Theremins (siehe Abbildung 7.1 auf der vorherigen Seite) angebrachten Drehreglers bis zu einem gewissen Grad verändert werden. Der eine reguliert den Anteil an Obertönen insgesamt (Brightness), der andere bestimmt, welche Obertöne hervorgehoben werden sollen (Waveform). Gegenüber dem von Schilling verwendeten reinen Sinuston stellt dies einen kleinen klanglichen Vorteil dar.12

12 Bei geübter Spielweise kann auch auf einem modernen Transistorgerät (wie dem hier verwendeten) durch ein mehr oder weniger dezentes Vibrato (kleine schnelle Handbewegungen) die Klangqualität zusätzlich ein wenig verbessert werden. Auf einer Tonaufnahme einer Thereminvirtuosin (Clara Rockmore 1987) erinnert der Klang ihres Theremins mit Röhrenschaltung je nach Tonlage, Klangfarbe, Dynamik und Vibratoeinsatz phasenweise entfernt an ein (schlechtes) Cello oder eine (leicht hysterische) Alt-Frauenstimme. Béla Bartok (1937) beschrieb die Klangfarbe als ein »seltsam graues Gemisch von Streichinstrumenten und Saxophon« (Bartok 1937, S. 185).

Weitere Vorteile des Einsatzes des Theremins gegenüber Schillings Versuchsanordnung wurden in dem Tonumfang und den Spielbewegungen des auch »Ätherophons« genannten Schwebungssummers gesehen. Bei Schilling betrug der Tonumfang ca. zwei Oktaven (h b2 entspricht 246,9–932,3 Hz), der durch Drehen eines Knopfes um maximal 210 Grad erreicht werden konnte (Schilling 1973, S. 56). Aufgrund des größeren Tonumfangs des Theremins (s. o.) erschien die Wahrscheinlichkeit, durch Zufall die richtigen Tonhöhen einzustellen noch geringer als bei Schilling. Zudem erfordern die Spielbewegungen am Theremin (Armbewegungen) weniger Feinmotorik als das Drehen des Handgelenks um einen relativ kleinen Drehwinkel. Möglicherweise kann man sich auch die Position des Drehknopfes besser


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