zum Zuge kommen, abgeschaltet werden. Statt dessen entstehen wegen Überflutung mit seichtem Getön Sumpfgebiete, in denen man watet und auf denen natürlich kein Wachstum möglich ist. Die wertvollen musikalischen Anlagen werden durch Musik verschüttet. Ohne Auswahl und Anleitung kann Musik keine tragende Bedeutung gewinnen und kaum ein Wertgefühl entwickelt werden.

Die Krähe singt so lieblich wie die Lerche,
Wenn man auf keine lauschet, und mir deucht,
Die Nachtigall, wenn sie bei Tage sänge,
Wo alle Gänse schnattern, hielt' man sie
Für keinen bessern Spielmann als den Spatz.
Wie manches wird durch seine Zeit gezeitigt
Zu echtem Preis und zur Vollkommenheit.

(Shakespeare)

Das erlesene Konzertpublikum ist in seiner Aufwendigkeit für den musikalischen Abendgenuß wohl zu respektieren, doch steht die hohe Kunst meist in einem Mißverhältnis zur gesellschaftlichen Attraktion. Oft ist die darbietende Künstlerpersönlichkeit wichtiger als die Musik. Man erliegt ihrer Faszination und Suggestion. Jüngere Zuhörer träumen sich selbst in die Rolle des Künstlers hinein und zugleich in den Glanz und den Beifall der Welt. Das hat Hindemith 2 zu der Glosse verleitet, der Kapellmeister sei die Verkörperung von Macht, Zucht und Ordnung und in der Identifikation mit ihm liege der Genuß ausgewachsener männlicher Zuhörer. Bei Weglassung derartiger beißender Bemerkungen bleibt m.E. immer doch beim Konzertpublikum eine Musikauffassung dominierend, die ihren Höhepunkt in der Romantik hatte. Die gesättigten Harmonien, die schönen Stimmungen werden geliebt, die in eine bessere Welt entrücken. Man erwartet Gefühls- und Stimmungserlebnisse, die die Musik des 20. Jahrhunderts kaum gewähren will und mit denen frühe Jahrhunderte sehr keusch verfuhren. Eine gegenwartsnähere Musikauffassung hat sich keinesfalls auf breiter Linie durchgesetzt.

Eine gegenwartsnähere Musikauffassung würde bestimmt sein müssen durch eine sachliche Kontaktnahme. Was ist damit gemeint?

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