durchgängig akzeptierte Begriffe fehlen. Es scheint weder über
den Gegenstand noch über das Ziel einer Theorie der Rhythmik Klarheit zu
geben.
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Anders als in der Harmonik, wo mit Stufen- und Funktionstheorie zwei Systeme zur
Analyse harmonischer Strukturen entwickelt wurden, die generell anerkannt und in
Gebrauch sind, haben sich in der Rhythmik keine einheitliches System durchsetzen
können.
Man kann über die Gründe hierfür spekulieren. Eine Ursache für das mangelnde
Interesse ist vermutlich der relativ geringe Bedarf an einer Theorie der Rhythmik. Die
enorme Entwicklung der dur-moll-tonalen Harmonik im achtzehnten und neunzehnten
Jahrhundert zog einen Bedarf an theoretischen Werkzeugen nach sich und stand im
Mittelpunkt des Interesses. Im Gegensatz zur Harmonielehre galt und gilt Rhythmus in
der Musikausbildung als einfacher und intellektuell weniger anspruchsvoll. Neben diesen
außerhalb der Rhythmik liegenden Gründen, sind weitere Ursachen für geringen Erfolg
rhythmischer Theorien meines Erachtens im erkenntnistheoretischen Ansatz der
traditionellen Musiktheorie sowie in der Auswahl der Gegenstände und Methoden zu
suchen.
2.2.2. Erkenntnistheoretische Ansätze
Das Verhältnis der Musiktheorie zu ihrem Gegenstand und ihr Ansatz, Erkenntnisse
über Musik zu gewinnen und zu beschreiben, hat sich in der Zeit gewandelt. Die
Musiktheorie begann als Handwerkslehre und entwickelte sich weiter, inspiriert durch
Naturwissenschaften, Philosophie und Psychologie.
Im 18. Jahrhundert war es das Bestreben der Musiktheorie, das Handwerkszeug
für Komponisten zu liefern, d.h. sie versuchte, Konzepte zu beschreiben, an
denen sich ein Komponist orientieren konnte, nicht allgemeingültige Aussagen
über musikalische Phänomene zu bestimmen. Bei der Beschreibung von Regeln
für die Anordnung melodischer Einheiten wird in der Musiktheorie des 18.
Jahrhunderts meist auf das musikalische ›Gefühl‹ Bezug genommen. Koch
schreibt:
»die Stellen wo sich in der Melodie Ruhepuncte des Geistes äußern [... können
...] nur durch das Gefühl bestimmt werden.«14
Das, was hier als Gefühl bezeichnet wird, entspricht aus moderner Sicht der Wahrnehmung
und Kognition von Musik. Dieser Ansatz erscheint unter dem Aspekt, daß die hörende
Wahrnehmung für die musikalische Struktur bestimmend ist, moderner als viele spätere
Theorien.
Seit der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts wurde versucht, die
Musiktheorie zu einer Wissenschaft weiterzuentwickeln. Eine der ersten Formulierungen
des wissenschaftlichen Anspruchs an die Beschäftigung mit Musik stammt von
Chrysander.15
Diese ›Verwissenschaftlichung‹ der Musiktheorie bestand vor allem in Versuchen,
konsistentere und vollständigere Begriffs- und Regelsysteme zu entwickeln. In dieser Hinsicht
führend war Hugo Riemann. Er prägte den Begriff der