- 12 -Weyde, Tillman: Lern- und wissensbasierte Analyse von Rhythmen 
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Meyer.7 Auch Wilhelm Seidel stellt dies fest, wenn er sagt, daß eine normative Bestimmung des Begriffs Rhythmus nicht möglich sei, es sei denn, man lasse beliebige zeitliche Verhältnisse als rhythmisch gelten.8

Daher soll die Frage nach der geeigneten Definition des Begriffs Rhythmus hier nicht weiter thematisiert werden. In dieser Arbeit wird der Begriff Rhythmus allgemein für die zeitliche Anordnung von Ereignissen gebraucht, ohne damit konkrete Eigenschaften dieser Anordnung zu implizieren. Darstellungen der verschiedenen Definitionen und der historischen Entwicklung des Begriffs finden sich u.a. in den Arbeiten von Wilhelm Seidel, Helga de la Motte-Haber und Gudrun Henneberg.9

Die genannten Ansätze, Rhythmus zu definieren, zeigen aber, daß es zwei wichtige Aspekte musikalischer Rhythmen gibt: Muster von Ereignissen, die sich als Sinneinheiten aufeinander beziehen, und Regelmäßigkeiten in Ereignissequenzen, insbesondere Wiederholungen in gleichmäßigen Abständen. Diese werden in der Musiktheorie durch die Konzepte des rhythmischen Motivs, häufig auch nur Rhythmus genannt, und des Metrums reflektiert. Im Mittelpunkt dieser Arbeit steht der motivisch-rhythmische Aspekt. Metrische Fragen werden hier nur insoweit behandelt, als sie dafür von Bedeutung sind.

2.2.  Rhythmus in der Musiktheorie

2.2.1.  Bedeutung der Rhythmik in der Musiktheorie

Rhythmik und Metrik fanden und finden in der Musiktheorie des westlichen Kulturkreises relativ geringe Beachtung. In den Mittelpunkt wurde die Harmonik gestellt. Rhythmische Fragen sind zwar von allen wichtigen Vertretern der traditionellen Musiktheorie angesprochen, aber meist nicht vertieft worden. Dieser Mangel wurde bereits im neunzehnten Jahrhundert festgestellt: Hugo Riemann datierte im Vorwort seiner Theorie der Rhythmik und Metrik die

»merkwürdige Entdeckung, daß die neuere Musiktheorie über die einseitige Vertiefung in die Probleme der Harmonik die zweite Hauptseite der Lehre unserer Kunst, die Rhythmik, ganz und gar aus den Augen verloren habe,«10

10 Riemann (1903, S. I).

auf das Jahr 1880 und sieht Rudolph Westphal als den ersten an, der diesen Mangel erkannte.11

Riemann sah für die Lehre der Rhythmik im zwanzigsten Jahrhundert einen großen Aufschwung voraus, der allerdings im wesentlichen ausblieb. Helga de la Motte-Haber stellte 1968 – also fast 90 Jahre nach der Veröffentlichung von Westphals Allgemeiner Theorie der Musikalischen Rhythmik – im Vorwort ihrer Untersuchung über die Klassifikation von Rhythmen fest, daß sich an dem von Riemann beschriebenen Mißstand nicht viel geändert habe.12 Die wenigen Untersuchungen konstatieren vor allem, daß eine allgemein anerkannte Theorie und selbst

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