- 17 -Weyde, Tillman: Lern- und wissensbasierte Analyse von Rhythmen 
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genauer zu bestimmen und dadurch für die computergestützte Anwendung nutzbar zu machen.

2.3.1.  Rhythmus und Metrum

Das Verhältnis von Rhythmus und Metrum steht im Mittelpunkt der meisten musiktheoretischen Betrachtungen des Rhythmus, wobei der Begriff ›Rhythmus‹ selbst sehr unterschiedlich aufgefaßt wird. Der Terminus ›Metrum‹ wird bereits bei den Theoretikern des neunzehnten Jahrhunderts ähnlich wie heute benutzt, allerdings werden häufig nur Takte betrachtet, und der Bezug zur Wahrnehmung wird nicht hergestellt. Meistens wird das Metrum als eine vorgegebene Ordnung betrachtet, gelegentlich aber auch als Interpretation durch den Hörer, wobei jedoch die verschiedenen Realitätsebenen von Produktion, Klang und Wahrnehmung von Musik nicht differenziert werden. Die ungeklärte Rolle der Wahrnehmung in der Musiktheorie führt teilweise zu Auffassungen, die einem an der hörenden Wahrnehmung orientierten Modell diametral entgegenstehen.

Ein Ziel der Theoretiker des neunzehnten Jahrhunderts war es, eine einheitliche Rhythmustheorie zu entwickeln, indem von den beiden Phänomenen Rhythmus und Metrum eines auf das andere zurückgeführt wird. Für Hauptmann ist Rhythmus abhängig vom Metrum, während Riemann das Metrum aus den thematischen Motiven, also den Rhythmen abgeleitet sieht. Hauptmann entwickelt sein System basierend auf der Philosophie Hegels in Schritten von These, Antithese und Synthese. Er geht von der Übereinstimmung von Vernunft und Wirklichkeit aus und versucht, aus begrifflicher Argumentation eine musikalische ›Naturlehre‹ zu beschreiben. Riemann stellt auf der Basis von Beispielen die Idee einer Entwicklung von Metren aus Motiven dar.

Hauptmann definierte das Metrum als die Ordnung, auf der Rhythmus basiert; ein Rhythmus kann demnach nur in einer metrischen Ordnung existieren. Hauptmann zieht einen Vergleich zwischen der Beziehung von Rhythmus und Metrum und dem Verhältnis von Melodie und Harmonie. Tatsächlich impliziert eine Melodie eine harmonische Struktur. Dieser Vergleich ist aber nicht geeignet, seine Aussage zu begründen, denn die Voraussetzung einer harmonischen Struktur für das Erfassen einer Melodie gilt nur in Kulturen, die eine musikalische Harmonik kennen. Das heißt, für die meisten Musikkulturen kann man diesen Ansatz nicht verwenden. Analog läßt sich Hauptmanns Theorie, die nur auf dem Metrum als Taktmetrik basiert, für andere Musikkulturen, die kein Metrum in diesem Sinn kennen, nicht anwenden.

Da es Rhythmen gibt, die die Bildung eines Metrums nicht unterstützen, ist das Metrum als Voraussetzung eines Rhythmus nur schwer aufrecht zu erhalten. Die Bildung und Erkennung zeitlicher Muster geschieht auch ohne metrische Gliederung, wie etwa in der gesprochenen Sprache, die doch verständlich bleibt, auch wenn sie ungleichmäßig ausgesprochen wird. Musik ohne metrische Gewichtungen der Schläge ist im außereuropäischen Raum oft anzutreffen, z.B. in afrikanischer Musik.25

In moderner Musik und auch in Rubato-Passagen klassischer und romantischer

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