- 71 -Weyde, Tillman: Lern- und wissensbasierte Analyse von Rhythmen 
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  • Instrumentation und Klangfarbe
  • Dynamik

Cooper und Meyer führen auch den Begriff der latenten Gruppierung ein als eine Gruppierung, die nicht dominiert, für die aber auch Faktoren sprechen. Die Möglichkeit, diese zu berücksichtigen, kann die Modellierung musikalischer Zusammenhänge bereichern und kommt der Wirklichkeit insofern nahe, als die Gruppierung häufig nicht eindeutig ist.

4.4.2.  Narmours Implikations-Realisations-Modell

Eugene Narmour hat mit seiner Kritik an Schenker und mit seinem Modell der Implikation und Realisation52

einige wichtige Anregungen gegeben, auch wenn sein Modell bisher nicht in den allgemeinen Gebrauch übergegangen ist. Narmour schlägt ein Modell vor, das er auf dem Prinzip der, wie er es nennt, Implikation und Realisation aufbaut. Damit versucht er, die musikalische Entwicklung als Beziehung zwischen Vorausgehendem und Folgendem zu beschreiben und die Erwartung, die durch das Vorausgehende entsteht, zu berücksichtigen. Er beschreibt den Prozeß des Aufbaus einer Strukturierung durch den Hörer, das Parsen der musikalischen Struktur. Eine Formation von Noten erzeugt dabei Implikationen, d.h. verschiedene Möglichkeiten der Fortsetzung, von denen eine zur Realisation wird. Die Implikationen folgen Regeln, die stilistisch zu bestimmen sind, wobei die Stärke einer Implikation der Häufigkeit ihrer Realisation in einem Stil entspricht.

Diese Beziehung wird hierarchisch fortgesetzt, indem ein Paar aus Implikation und Realisation zu einer neuen Formation transformiert wird, die wiederum Implikationen auf einer größeren Zeitskala enthalten. Dieses Schema ist in Abbildung 4.3 dargestellt. Die daraus entwickelte Struktur ist ein binärer Baum, da jedes Element, das kein Blatt des Baums ist, aus Implikation und Realisation besteht. Es gibt Implikationen, die nicht erfüllt wurden (leftover implications), die von Interesse für eine Analyse sein können, aber im Strukturbaum nicht erscheinen und in der Grafik durch gestrichelte Pfeile angedeutet sind. Der wesentliche Unterschied zu anderen Strukturmodellen ist, das Narmour den Aufbau des Baumes im Verlauf der Musik, d.h. von den Blättern zur Wurzel, betrachtet.

Narmour nennt zwei Grundprinzipien der Implikation für Melodien, von denen er behauptet, daß sie Prinzipien der Wahrnehmung wiedergäben. Dabei ist die verwendete Notation nicht mathematisch sondern metaphorisch zu verstehen. Das erste Prinzip
a+ a --> a

bedeutet, daß zwei gleichartige Elemente (Töne, Intervalle oder Formteile) eine weitere Wiederholung implizieren, unterschiedliche Elemente dagegen einen weiteren Wechsel:
a+ b-- > c.


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