- 70 -Weyde, Tillman: Lern- und wissensbasierte Analyse von Rhythmen 
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Cooper und Meyer gehen davon aus, daß es in einer Gruppe (d.h. einem Versfuß) immer eine akzentuierte Note gibt, die bei ihnen als metrisch betonte Note definiert ist. Eine akzentuierte Note kann es allerdings nach Cooper und Meyer auch geben, ohne daß eine metrische Organisation der Akzente vorliegt. Akzent wird als erfahrene metrische Betonung definiert, in die viele Faktoren eingehen, u.a. Dauer, Intensität, melodische Kontur und Regelmäßigkeit. Keiner dieser Faktoren sei aber bestimmend und die Gewichtung und Interaktion sei bisher nicht zu klären. Außerdem wird der Begriff Betonung (engl. stress) definiert, der eine Hervorhebung durch Intensität beschreibt, aber keinerlei metrische Auswirkungen haben soll. Diese widersprüchliche Begriffsbildung ist die Folge einer nicht konsequenten Trennung der verschiedenen Realitätsebenen von Musik. Wenn Cooper und Meyer sagen, daß Betonung durch Intensität die Akzentuierung nicht ändere, steht dies einerseits im Widerspruch zu ihrer eigenen Definition des metrischen Akzents, denn hier wird Intensität als Faktor aufgeführt, und auch zu der sachlichen Überlegung, daß gerade die Lautstärke ein Mittel der Darstellung metrischer Betonungen ist. Man kann ohne sonstige Veränderungen, nur durch Änderung der Lautstärke, die metrische Interpretation einer Notensequenz ändern, wie bereits Woodrow gezeigt hat.51 Es ist also wenig plausibel plausibel anzunehmen, daß Intensität keinen Einfluß auf die metrische Struktur hat, da dies bekannten musikpraktischen und musikpsychologischen Erkenntnissen widerspricht. Möglicherweise gemeint ist, daß ein Intensitätsakzent die metrische Interpretation nicht ändert, wenn ansonsten eine hinreichend stabile metrische Struktur beim Hörer etabliert ist, was die ursprüngliche Aussage stark einschränken würde. Die Bedingungen der zeitlichen Anordnung von Akzenten oder Betonungen, die zu metrischer Interpretation führen, sind bei Cooper und Meyer nicht klar definiert, und ihre Interaktion ist nicht geklärt.

Trotz dieser Schwächen des begrifflichen Rahmens berücksichtigt das System von Cooper und Meyer in bis dahin für musikalische Theorien ungewöhnlich vollständiger Weise Phänomene der musikalischen Wahrnehmung und ist dabei vergleichsweise klar aufgebaut. Sie erläutern anhand von Beispielen Faktoren der Gruppierung auf verschiedenen Ebenen, wenn auch nicht genau beschrieben wird, wie diese Faktoren sich auf die Strukturierung auswirken. Für die unterste Ebene, die hier von besonderem Interesse ist, werden folgende Punkte genannt:

  • zeitliche Nähe
  • tonliche Nähe
  • Harmonik
  • Leitton-Effekte
  • Wiederholung
  • de-/crescendo
  • steigende/fallende Linien


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