Projekt nicht
lösen konnte, führte er bei allen Filmen selber Regie. Im Nachhinein betonte er
in Interviews jedoch immer wieder, wieviel Kraft ihn dieses Projekt gekostet
hat.19
In den Filmen sollte anhand von sehr persönlichen, individuellen Schicksalen gezeigt
werden, welche Bedeutung moralische und ethische Werte im heutigen Polen haben. Kielowski versucht, die Geheimnisse, die Sehnsüchte der Menschen auf die Leinwand zu
bringen. Die 10 Gebote werden in keinem Film erwähnt, doch ist anhand der Zahl im
Vorspann zu erkennen, welches Gebot gemeint ist. Obwohl jeder Film eigentlich
für sich steht, sind sie alle, durch wieder auftauchende Personen, miteinander
verknüpft.20
Aufgrund des außerordentlichen Erfolgs bekam Kielowski das Angebot, von nun an in Frankreich zu arbeiten. Er nahm sofort an, da es in Polen immer schwieriger wurde, Geld für größere und aufwendigere Produktionen zu bekommen. Dieser Schritt zog allerdings auch einige Veränderungen mit sich, die Kielowski wie folgt beschreibt: »Als ich nach Frankreich kam, sah ich eine andere Welt, die viel farbiger war. Vor allem hatten die Menschen dort das Gefühl, dass sie viel mehr Möglichkeiten haben. Insofern ist das Leben dort von Natur aus farbiger und bunter. Damit meine ich nicht nur die bunten Reklameschilder. Deshalb ist diese Farbigkeit in die Filme hineingeraten, die ich dort gemacht habe. Deshalb hat sich die ganze Ästhetik der Filme wesentlich verändert.«21 Die zwei Leben der Veronika war Kielowskis erster Film im Ausland. Es geht um ein junges Mädchen auf der Suche nach der eigenen Identität, die auf geheimnisvolle Weise durch das Vorhandensein einer Doppelgängerin bestimmt wird. Dazu schreibt Kielowski: »Wissen Sie, ich hatte eigentlich nicht vor, Die zwei Leben der Veronika in zwei verschiedenen Ästhetiken zu erzählen. Nein, dieser Film ist eigentlich ästhetisch ganz ähnlich. Der erste Teil, der in Polen spielt, ist von einer ähnlichen Ästhetik wie der zweite Teil, der in Frankreich spielt. Und doch ist es kein Zufall, dass die erste Heldin, auch wenn sie ihre Chance wahrnimmt, sie nicht nutzen kann, weil sie es gesundheitlich nicht schafft und stirbt. Die zweite Heldin dagegen kann überleben, sie kann etwas aus ihrem Leben machen.«22 Der Film handelt von Liebe und Tod – aber nicht tragisch (wie üblich), sondern »optimistisch«, so Kielowski in einer Podiumsdiskussion nach der deutschen Premiere in Mannheim.23 |