2.1.3 Funktionalität von Filmmusik
Betrachtet man die Dramaturgie und im besonderen die Musikdramaturgie
eines Films, dann muss selbstverständlich die Funktionalität der Musik in diese
Betrachtungen mit einbezogen werden. In der Theorie existieren die verschiedensten,
mehr oder weniger detaillierten, von unterschiedlichen Ansätzen ausgehenden
Systematisierungsversuche.12
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Theorien und ästhetische Modelle zur Filmmusik entwickelten bereits Eisenstein,
Pudowkin und Alexandrow im Jahre 1928 in ihrem Manifest zum Tonfilm Eisenstein
et al. (1990). Darüber hinaus sei noch auf Kracauers Theorie des Films (1960)
Kracauer (1964), Lissas Ästhetik der Filmmusik (1964) Lissa (1965) und Adornos und
Eislers Komposition für den Film (1969) Adorno und Eisler (1969) hingewiesen.
Zeitgenössische Autoren wie z.B. Maas, de la Motte-Haber, Pauli, Prendergast, Schmidt
oder Schneider sind im Literaturverzeichnis dieser Arbeit zu finden. Einen sehr guten
Überblick über die verschiedenen Theorien und Ansätze bietet Jessica Merten im
theoretischen Teil ihrer Dissertation Semantische Beschriftung im Film durch
»autonome« Musik (Merten, 2001, S. 1–74).
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Diese hier alle aufzuzählen, würde den Umfang der Arbeit bei weitem sprengen und
erscheint auch im Bezug auf die Analyse der Filme weniger sinnvoll, denn erstens
befindet sich unter ihnen kein allumfassendes Modell, und zweitens bedienen sich die
unterschiedlichen Systematiken z.T. eines verschiedenen Vokabulars, um den gleichen
Sachverhalt auszudrücken. Dies würde den Leser nur verwirren. An dieser Stelle soll aber
trotzdem kurz auf die, die spätere Analyse betreffend, drei wichtigsten Funktionen von
Filmmusik eingegangen werden: dramaturgisch-inhaltliche Funktionen, psychologische
Funktionen und syntaktische Funktionen.
Dramaturgisch-inhaltliche Funktionen unterteilt Thiel in drei
Kategorien:13
- Bildillustration
- affirmative Bildinterpretation und -einstimmung
- kontrapunktierende Bildinterpretation und -einstimmung
Bei der Bildillustration wird versucht, das Bild möglichst eindeutig und
synchron in musikalische Strukturen umzusetzen. Als Techniken seien hierfür
das »mickey-mousing« und das »underscoring« erwähnt. Die affirmative
Bildinterpretation und -einstimmung, die durch die sogenannte »mood-technique«
realisiert wird, spiegelt die psychische und seelische Verfassung des Protagonisten
wider. »Die Musik funktioniert hier als ein Symbol, wenn sie durch ihre
klanglichen Strukturen auf etwas hinweist, was das Filmbild selbst nicht zeigen
kann.«14
Die kontrapunktische Bildinterpretation und -einstimmung wird bereits von
Adorno und Eisler in (Adorno und Eisler, 1969, S. 48) unter dem Stichwort
»Dramaturgischer Kontrapunkt« erläutert: Die Musik stellt sich in »Gegensatz zum
Oberflächengeschehnis«. Auch Pauli stellt die Kontrapunktierung in seiner
Unterteilung der Grundformen der Musik-Bild-Zuordnung als eigenen Punkt
dar:15
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Vgl. z.B. (Pauli, 1978, S. 35) oder Pauli (1976). Allerdings hat der Autor in
(Pauli, 1981, S. 190) seine Dreiteilung in Polarisierung, Paraphrasierung und
Kontrapunktierung wieder verworfen.
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Zwischen Musik und Bild ist eine Divergenz festzustellen, die nicht selten zu einer
neuen Aussage führt. Der Zuschauer wird hier durch die Musik aktiv in das
Geschehen einbezogen,
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