- 23 -Wollermann, Tobias: Zur Musik in der "Drei Farben"-Trilogie von Krzysztof Kieslowski 
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2.1.3 Funktionalität von Filmmusik

Betrachtet man die Dramaturgie und im besonderen die Musikdramaturgie eines Films, dann muss selbstverständlich die Funktionalität der Musik in diese Betrachtungen mit einbezogen werden. In der Theorie existieren die verschiedensten, mehr oder weniger detaillierten, von unterschiedlichen Ansätzen ausgehenden Systematisierungsversuche.12

12 Theorien und ästhetische Modelle zur Filmmusik entwickelten bereits Eisenstein, Pudowkin und Alexandrow im Jahre 1928 in ihrem Manifest zum Tonfilm Eisenstein et al. (1990). Darüber hinaus sei noch auf Kracauers Theorie des Films (1960) Kracauer (1964), Lissas Ästhetik der Filmmusik (1964) Lissa (1965) und Adornos und Eislers Komposition für den Film (1969) Adorno und Eisler (1969) hingewiesen. Zeitgenössische Autoren wie z.B. Maas, de la Motte-Haber, Pauli, Prendergast, Schmidt oder Schneider sind im Literaturverzeichnis dieser Arbeit zu finden. Einen sehr guten Überblick über die verschiedenen Theorien und Ansätze bietet Jessica Merten im theoretischen Teil ihrer Dissertation Semantische Beschriftung im Film durch »autonome« Musik (Merten2001, S. 1–74).
Diese hier alle aufzuzählen, würde den Umfang der Arbeit bei weitem sprengen und erscheint auch im Bezug auf die Analyse der Filme weniger sinnvoll, denn erstens befindet sich unter ihnen kein allumfassendes Modell, und zweitens bedienen sich die unterschiedlichen Systematiken z.T. eines verschiedenen Vokabulars, um den gleichen Sachverhalt auszudrücken. Dies würde den Leser nur verwirren. An dieser Stelle soll aber trotzdem kurz auf die, die spätere Analyse betreffend, drei wichtigsten Funktionen von Filmmusik eingegangen werden: dramaturgisch-inhaltliche Funktionen, psychologische Funktionen und syntaktische Funktionen.

Dramaturgisch-inhaltliche Funktionen unterteilt Thiel in drei Kategorien:13

13 Vgl. (Thiel1981, S. 65)
  • Bildillustration
  • affirmative Bildinterpretation und -einstimmung
  • kontrapunktierende Bildinterpretation und -einstimmung

Bei der Bildillustration wird versucht, das Bild möglichst eindeutig und synchron in musikalische Strukturen umzusetzen. Als Techniken seien hierfür das »mickey-mousing« und das »underscoring« erwähnt. Die affirmative Bildinterpretation und -einstimmung, die durch die sogenannte »mood-technique« realisiert wird, spiegelt die psychische und seelische Verfassung des Protagonisten wider. »Die Musik funktioniert hier als ein Symbol, wenn sie durch ihre klanglichen Strukturen auf etwas hinweist, was das Filmbild selbst nicht zeigen kann.«14

14 (Merten2001, S. 64)
Die kontrapunktische Bildinterpretation und -einstimmung wird bereits von Adorno und Eisler in (Adorno und Eisler1969, S. 48) unter dem Stichwort »Dramaturgischer Kontrapunkt« erläutert: Die Musik stellt sich in »Gegensatz zum Oberflächengeschehnis«. Auch Pauli stellt die Kontrapunktierung in seiner Unterteilung der Grundformen der Musik-Bild-Zuordnung als eigenen Punkt dar:15
15 Vgl. z.B. (Pauli1978, S. 35) oder Pauli (1976). Allerdings hat der Autor in (Pauli1981, S. 190) seine Dreiteilung in Polarisierung, Paraphrasierung und Kontrapunktierung wieder verworfen.
Zwischen Musik und Bild ist eine Divergenz festzustellen, die nicht selten zu einer neuen Aussage führt. Der Zuschauer wird hier durch die Musik aktiv in das Geschehen einbezogen,

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