- 33 -Wollermann, Tobias: Musik und Medium 
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Der Pariser Stempelschneider Pierre Haultin entwickelte 1525 Mensuralnotenlettern, die Linien und Noten auf einer Type vereinigten. Dadurch konnte effektiver gearbeitet und dem Wunsch der Käufer nach preiswerteren Drucken nachgegangen werden. Aus qualitativer Sicht stellten die von Haultin entwickelten Notenlettern im Gegensatz zu Petrucci einen Rückschritt dar.

Bei dem ›einfachen Typendruck‹ unterscheidet man zwischen drei verschiedenen Techniken:

  • Das Notensystem wird nur vertikal zerlegt. Eine Zweistimmigkeit ist auf diese Weise nicht darstellbar, war aber in der damaligen Zeit auch nur selten erforderlich, da man i.A. nur einzelne Stimmen herausgab. Dafür war dieses Verfahren im Gegensatz zu den nachfolgenden weniger aufwendig und verursachte nur geringe Kosten.
  • Das Notensystem wird vertikal und horizontal zerlegt. Folglich besteht eine Type z. T. nur aus einer Note mit einem kleinen Stück Hals. Dieses Verfahren ist zwar aufwendiger, jedoch lassen sich mit ihm auch zwei oder drei Stimmen in einem System sowie Tabulaturen darstellen. Pierre Attaingnant druckte als erster 1527 in Paris mit diesem Verfahren und setzte es bis 1551 ein.
  • Das Notensystem wird vertikal und horizontal in eine Vielzahl von Einzeltypen zerlegt. Die einzelnen Segmente stellen hier sogar Fähnchen, Teile der Hälse, Partikel der Linien etc. dar. Im Gegensatz zu dem von Attaingnant verwendeten Verfahren, haben bei diesem von Johann Gottlob Immanuel Breitkopf 1754 entwickelten Verfahren die einzelnen Typen die gleiche Größe. Insgesamt benutzte er 452 verschiedene. Diese feine Zerlegung ermöglichte es erstmals, polyphone Sätze und größere Akkorde (gerade für Tasteninstrumente von besonderer Bedeutung) in einem System zu drucken.

Bis ins 18. Jahrhundert wurde der von Attaingnant entwickelte Typendruck praktiziert, »wobei die immer zahlreicher werdenden Musikverleger oftmals in optischer Hinsicht nur sehr unbefriedigende Ergebnisse erzielten, die in ihrer Qualität früheren Ausgaben, allen voran denen Petruccis, bei weitem unterlegen waren.«14

14[Duggan und Beer(1994ff), Sp. 444–445].
Auch Chrysander beklagt die nachlassende Qualität der Drucke:15
15[Chrysander(1879), Sp. 198–199].

»Der Druck selber, sorgfältige Behandlung, Schwärze, Papier u.s.w. wurden immer schlechter, im 17. Jahrhundert zum Theil bis zur Unleserlichkeit […] In Deutschland war der Musikdruck zuletzt am schlechtesten, in Leipzig am allerschlechtesten.«

Dies war auch der Grund, warum Breitkopf eine neue Variante des Typendruckes entwickelte, und sie zu einer »solchen Volkommenheit brachte«, dass sie »für alle Länder ein Muster oder Anregung zur Verbesserung wurde.«

Durch dieses neue Verfahren wurde das Druckbild zwar qualitativ hochwertiger, aufgrund der zunehmenden Komplexität der zu druckenden Noten, Partituren etc. stieß allerdings auch Breitkopfs Typendruck an seine Grenzen. Um ein perfektes Notenbild zu erhalten, müssen Balken, Bögen, Artikulations-, Vortragszeichen etc. sehr variabel in Abhängigkeit von der Notenanordnung positioniert werden. Breitkopf selbst hatte, obwohl er schon 452 verschiedene Typen benutzte, wenig Nutzen von seinem neu entwickelten Druckverfahren:16

16[Chrysander(1879), Sp. 199].


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