Das, was den Zeichentrickfilm zur damaligen Zeit aber am meisten revolutioniert
hat, war das Patent von Earl Hurd. Er ließ sich die Idee patentieren, den
Hintergrund stationär zu lassen, die Figuren auf Zelluloid zu zeichnen, um
diese dann über den Hintergrund zu legen. Auf dem durchsichtigen Zelluloid
konnten auch Farbunterschiede angebracht werden, so dass die Objekte
vor dem Hintergrund reliefmäßig erschienen. Hurd selbst schrieb in seiner
Patentanmeldung:7
»I believe I am the first to employ a transparent sheet or a plurality of
transparent sheets in conjunction with a background which is photographed
therethrough upon the negative film […]
I prefer to paint the figures of the background in strong blacks and whites
upon a medium dark grey paper and when the transparent sheet carrying
the movable objects is placed over this gray tone of background, the objects
on the transparent sheet appear to stand out in relief, giving what may be
termed a ›poster effect.‹«
Während Hurd und Bray ihre Animationsmethoden immer weiter verfeinerten,
arbeiteten Max und Dave Fleischer an einer Entwicklung, die sie sich nachher als
Rotoscope8
Bei dem Rotoscope handelt es sich um »a machine made to project film images frame by frame
onto the surface of a drawing board. The image is traced onto animation paper, and used by the
animator to achieve lifelike movement.« Zitiert nach [Culhane(1988), S. 327], vgl. auch
[Maltin(1980), S. 80].
|
patentieren ließen. Weitere Erfindungen waren u. a. das ›peg
system‹9
Das ›Stecktafelsystem‹ wurde von dem Kanadier Raoul Barré entwickelt. Hier handelt es sich
um ein System, mit dem man die Zeichnungen folgerichtig hintereinander registrieren
konnte.
|
, das
›slash system‹10
Das ›Schlitzsystem‹ wurde ebenfalls von Barré entwickelt. Hierbei handelt es sich um eine
Variante von Brays Methoden, in der das bemalte Papier an seinen Trennungslinien eingeschnitten
wurde, damit man zwischen festem Hintergrund und beweglichen Teilen unterscheiden konnte. Vgl.
[Maltin(1980), S. 11].
|
und die Entdeckung Bill Nolans. Dieser zeichnete den Hintergrund auf lange Blätter, die
dann unter dem Charakter durchgezogen werden konnten und so – auch wenn sich der
Charakter auf der Stelle bewegt – den Eindruck einer horizontalen oder auch vertikalen
Bewegung erzeugten.
Schnell wurde auch die Zahl der Produzenten, die genau wie die Zeichner auch
aus dem Bereich der Printmedien kamen, immer größer, da sie die Chance
witterten, mit den gefilmten Versionen ihrer Comic-Strips Geld zu verdienen. In
New York etablierten sich drei große Zeichentrickstudios: das von Raoul Barré,
das von John Randolph Bray und zuletzt das des Zeitungsgiganten William
Randolph Hearst (Hearst International), in dem die bekannten Filme ›Krazy
Kat‹ (1916), ›Katzenjammer Kids‹ (1916) sowie ›Happy Hooligan‹ (1917)
entstanden.
William Randolph Hearst produzierte zur gleichen Zeit auch die allwöchentlich
erscheinende Wochenschau. Gemeinsam mit dieser wurden seine Zeichentrickkurzfilme
(auch Shorts genannt) neben der Wochenschau, realen Kurzfilmen und/oder manchmal
auch realen Live-Einlagen fester Bestandteil des Vorprogramms amerikanischer
Kinosäle.11
In den Studios war es aufgrund der großen Nachfrage und des wöchentlichen
Erscheinens notwendig, mehr zu produzieren. Demzufolge entstand ein großer
Bedarf an qualifizierten Zeichnern, von denen es allerdings nicht genug
gab:12
|