- 88 -Wollermann, Tobias: Musik und Medium 
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der Franzose Éduard Léon Scott de Martinville 1857 den ersten Phon-Autographen. Hierbei handelt es sich um ein Gerät, das mit Hilfe eines beweglichen Gestänges die aufgenommenen Schwingungen einer Membran auf einen Aufzeichnungsstifft am anderen Ende überträgt. Dieser Stift wird über rußgefärbtes Papier, welches um einen Zylinder gewickelt ist, geführt, um die Schwingungen sichtbar zu machen. Um die Schwingungen besser aufzufangen, benutzt man einen Trichter. Mit dem Phon-Autographen gelang es zum ersten Mal, menschliche Sprache sichtbar zu machen. Allerdings kann man die aufgezeichneten Linien auf dem Papierstreifen nicht wieder in Sprache umwandeln.

Die Erfindung des Phonographen geht eigentlich auf Edison und seinen Mechaniker Kruesi zurück. Die grundlegenden Konstruktionsmerkmale beschrieb allerdings schon der französische Dichter und Philosoph Charles Cros. 1867 stellte er auf der Pariser Weltausstellung einen automatischen Telegraphen vor, der schon damals auf den Prinzipien von Phonograph und Grammophon basierte. Allerdings fand er weder einen Mechaniker noch einen wohlhabenden Sponsor, um seine Idee umzusetzen. Am 18.7.1877 gelang es dann schließlich Thomas Alva Edison, die menschliche Stimme zu konservieren und wiederzugeben. Dazu benutzte er einen mit Paraffin überzogenen Papierstreifen, den er an einer Membran mit Nadelspitze vorbeizog. Die Schwingungen wurden so in das Paraffin geritzt. Als er anschließend den Streifen erneut an der Nadelspitze vorbeizog, konnte er sein zuvor gesprochenes Wort ›Hello‹ leise hören. Einige Monate später setzte sich Edison an die Konstruktion eines neuen Gerätes, das anschließend von seinem Feinmechaniker Kruesi gebaut wurde. Hierbei handelte es sich um einen Stahlwalze, über die als Tonträger eine Zinnfolie gespannt war. Über der Walze befand sich ein Trichter mit einer Membran und einer Nadel so angeordnet, dass die Nadel bei entsprechenden Schwingungen diese in die Folie einritzte. Um die aufgezeichneten Worte wieder anzuhören, musste man lediglich die Nadel an die Ausgangsposition setzten und kurbeln. Die ersten aufgenommenen und zugleich konservierten Worte liegen in Form des alten Kinderliedes ›Marry had a little lamb‹ vor und können auch heute noch angehört werden. Edison meldete seine Erfindung unter der Nummer 200521 zum Patent an und führte seinen Phonographen unter großer Begeisterung 1878 öffentlich vor.

Die Entwicklung des Phonographen wurde von Edison immer weiter vorangetrieben. Bald schon ersetzte er die Zinnfolie durch Wachszylinder.2

2Die ersten Wachszylinder wurden, kurz bevor sie Edison in seinem Phonographen einsetzte, Mitte 1886 von Bell & Tainter vorgestellt. Die ersten Hohlzylinder hatten einen Durchmesser von ca. 5,1 cm und waren ca. 10,5 cm lang. Die Außenwand war ca. einen halben Zentimeter dick. Die Zylinder wurden mit ca. 80–120 Umdrehungen pro Minute aufgenommen bzw. abgespielt.
Bei den ersten Aufnahmen sprach man deshalb auch von den ›Brown Wax Recordings‹, da man für die Aufnahme braune Wachsrollen benutzte. Die wahrscheinlich älteste Musikaufnahme der Welt lässt sich auf den 29.07.1888 datieren. Auf dieser Aufnahme spielt Colonel George Gouraud »Israel in Egypt«.

Die braunen Wachsrollen hatten den großen Nachteil, dass sie sehr wärmeempfindlich waren und demzufolge ihre Lebensdauer nicht besonders hoch war. 1902 stelle Edison deshalb die so genannten ›Black Wax Recordings‹ vor. Diese schwarzen Rollen bestanden nicht mehr zu 100 % aus Wachs, Edison mischte dem Wachs


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