- 24 -Behrendt, Frauke: Handymusik 
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Art findet. Hier sollen aber deutsche Definitionsversuche dieses durchaus umstrittenen Begriffs herangezogen werden. Die Etablierung des Begriffs Klangkunst ist als Versuch anzusehen ein neues Feld in der Musik zu eröffnen – einen neuen Kontext für Werke zu generieren, die sich in anderen musikwissenschaftlichen Kategorien nicht wiedergefunden haben. Wie der Begriff schon verrät bewegt sich Klangkunst an der Grenze zwischen Musik und Kunst. Musiker und Theoretiker, die sich nicht als Teil der Popkultur sehen, nutzen den Begriff um sich im Bereich der Hochkultur, der sogenannten ›ernsten‹ Musik zu positionieren. Problematisch ist unter anderem, dass sich in den bisher von der Musikwissenschaft vorgeschlagenen Definitionen manche Künstler, die sich selbst explizit als Klangkünstler bezeichnen nicht wiederfinden.

Helga de la Motte-Haber betont erstens, dass Klangkunst nicht nur zum Hören, sondern auch zum Sehen bestimmt ist.4

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Motte-Haber de la, Helga: Klangkunst: Die gedanklichen und geschichtlichen Vorraussetzungen. In: Motte-Haber de la, Helga (Hg.): Klangkunst. Tönende Objekte und klingende Räume. Laaber 1999, vgl. S. 9
Dadurch bewegt sie sich an den Grenzen der (traditionellen) Gattung Musik, es gibt Schnittmengen mit Kunst, Multimedia und vielem anderen.5
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Vgl. Motte-Haber, 1999, S. 13 f.
Der zweite wichtige Aspekt ist die Selbstbestimmtheit des Rezipienten: »Die Autorität des Rezipienten ist zentral«.6
6
A.a.O, S. 15
Er befindet sich in einer Situation »durch die ein Prozess in Gang gesetzt wird, der dann ohne weiteren formenden Eingriff abläuft«.7
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Motte-Haber 1999, S.13
Um dies zu ermöglichen muss der Klangkünstler einen Teil der Kontrolle über sein Werk abgeben. Der Hörer kann sich (meist) frei bewegen, und eventuell sogar interagieren, so dass das Werk für jeden neu entsteht. Wenn sich Klangkunst im öffentlichen Raum befindet, ergeben sich noch weitere Aspekte und Konsequenzen, beispielsweise durch die Thematisierung der Verschiebung von öffentlichen und privaten Räumen.8
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Vgl. Kapitel 5.3.4
Der geschlossene Werkcharakter ist meist aufgelöst. Weiterhin sind die Reibungen zwischen Raum und Zeit wichtig: De la Motte-Haber spricht davon, dass die Statik eines Raumes zu einem zeitlichen Prozess wird.9
9
Vgl. auch Werk silophone in Kapitel 5.6.3
In Anlehnung an Sabine Sanio werden hier vier Aspekte der Klangkunst in den Vordergrund gestellt. Klangkunst beschreibt Werke für die neben dem Einsatz von Technik (heute meist in Form Neuer Medien) und der Intermedialität auch die Aspekte Raum und Interaktion eine wichtige Rolle spielen.10
10
Vgl. Sanio, Sabine: Autonomie, Intentionalität, Situation. Aspekte eines erweiterten Kunstbegriffs. In: Motte-Haber de la, Helga (Hg.): Klangkunst. Tönende Objekte und klingende Räume. Laaber 1999, S. 105 ff.
Zum Aspekt des Raumes stellt Sanio fest: Die »Musik hat keinen eigenen Ort [mehr]«.11
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Sanio 1999, S. 105
Dieses Phänomen ist bei einigen Werken der Handymusik besonders offensichtlich. Das Instrumentarium in Form der Mobiltelefone der Rezipienten kann beliebig verstreut sein: über einen Raum, eine Stadt, die ganze Welt. Dadurch findet Musik an »früher undenkbaren Orten und außerdem ohne Interpreten statt, deren Tätigkeit im Konzert für das Publikum eine wichtige Orientierung darstellt«.12
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Sanio 1999, S. 105


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